RVG-Anpassung zum 01.06.2025

Das „Gesetz zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung und zur Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern sowie zur Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und des Justizkostenrechts (Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz 2025 – KostBRÄG 2025)“ wurde am 7. April 2025 im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2025 I Nr. 109 vom 10.04.2025) verkündet.

In seinem Artikel 11 ändert das Gesetz das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, welches die Grundlage der Berechnung der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren darstellt. Nach Artikel 13 Absatz 3 des Gesetzes tritt die Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes am 01.06.2025 in Kraft.

Mit dem Gesetz werden zudem u.a. das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz, das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, das Gerichtskostengesetz, das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen, das Gerichts- und Notarkostengesetz, das Gerichtsvollzieherkostengesetz, das Justizverwaltungskostengesetz und das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz geändert. Die Inkrafttretensdaten dieser Gesetze ergeben sich aus Artikel 13 des Gesetzes.

Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung ab dem 1. April 2025

Am 1. April 2025 tritt die 6. Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung in Kraft. Mit der Verordnung werden drei neue Krankheiten in die Berufskrankheitenliste aufgenommen, nämlich eine Schädigung der Rotatorenmanschette der Schulter durch eine langjährige und intensive Belastung, eine Gonarthrose bei professionellen Fußballspielerinnen und Fußballspielern und eine chronische obstruktive Bronchitis einschließlich Emphysem durch langjährige Einwirkung von Quarzstaub.

Schädigung der Rotatorenmanschette der Schulter

Hiervon können Personen betroffen sein, die in der Textilindustrie, auf Schweiß-, Schleif- und Montagearbeitsplätzen, in der Fischverarbeitung sowie auf Schlachthofarbeitsplätzen und in der Forst- und Bauindustrie tätig sind. Eine Schädigung der Rotatorenmanschette der Schulter kann durch folgende langjährige und intensive Einwirkungen verursacht werden:

Arbeiten mit den Händen auf Schulterniveau oder darüber,
häufig wiederholte Bewegungsabläufe des Oberarms im Schultergelenk,
Arbeiten, die eine Kraftanwendung im Schulterbereich erfordern, insbesondere das Heben von Lasten,
Hand-Arm-Schwingungen.

Gonarthrose bei professionellen Fußballspielerinnen und Fußballspielern

Betroffen sein können Personen, die mindestens eine 13-jährige Tätigkeit als professionelle Fußballspielerin oder Fußballspieler absolviert haben, davon mindestens zehn Jahre in einer der drei obersten Fußballligen bei Männern oder einer der beiden obersten Fußballligen bei Frauen. Ebenfalls mitberücksichtigt wird, wenn im Alter von 16 bis 19 Jahren eine versicherte Tätigkeit in einer niedrigeren Fußballliga als in den drei obersten Fußballligen bei Männern beziehungsweise den beiden obersten Fußballligen bei Frauen ausgeübt wurde.

Chronische obstruktive Bronchitis einschließlich Emphysem durch langjährige Einwirkung von Quarzstaub

Betroffene Personen sind insbesondere Erzbergleute (einschließlich Uranerzbergbau) sowie Versicherte im Tunnelbau, Gußputz, Sandstrahlen, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrie und Personen, die bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -verarbeitung oder in grob- und feinkeramischen Betrieben sowie in Dentallabors beschäftigt sind.

Die neuen Berufskrankheiten folgen den Empfehlungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Zudem wird in der Verordnung die Bedeutung der Ergebnisdokumente des ÄSVB (wissenschaftliche Empfehlungen, wissenschaftliche Stellungnahmen und Abschlussvermerke) präzisiert. Diese enthalten wichtige Informationen der medizinischen Wissenschaft dazu, wie die Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Berufskrankheit grundsätzlich und in den jeweiligen Einzelfällen zu verstehen sind. Die Prüfung des Vorliegens einer Berufskrankheit im vom Verordnungsgeber beabsichtigten Sinne erfordert daher die Anwendung der Ergebnisdokumente des Sachverständigenbeirates. Mit dieser Regelung wird die bislang gelebte Praxis gesetzlich klargestellt und die insoweit bestehende Regelungslücke geschlossen.

Im Vorgriff auf den 8. Mai

Art. 1 unseres Grundgesetzes lautet:
„(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“

Was bedeutet dies? Das Menschenbild des Grundgesetzes geht davon aus, dass ein Einzelner/eine Einzelne niemals „Objekt“ irgendeiner staatlichen Gewalt werden darf. Dies folgt geschichtlich aus den leidvollen Erfahrungen der Jahre 1933 bis 1945 in Deutschland.

Genauer gesagt folgen daraus für uns selbstverständliche weitere Rechte wie z.B. die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 GG), der Gleichheitssatz (Art. 3 GG), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG), die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG). Das Bundesverfassungsgericht hat ferner aus den Grundrechten auch ein „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ hergeleitet, in der Folge dieser grundlegenden Entscheidung entstand das gesamte Datenschutzrecht.

Alles staatliche Handeln ist an diese Grundsätze gebunden. Flankiert wird dies durch Regelungen in Art. 19 und 103 GG, welche rechtliche Verfahrensgrundrechte beinhalten sowie durch den zentralen Art. 20 GG, wonach die Bundesrepublik Deutschland ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist (vgl. Abs. 1: „Demokratie“ und „Sozialstaatsprinzip“) und die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind (Abs. 3), letzteres verankert das „Rechtsstaatsprinzip“.

Der Parlamentarische Rat hat am 08.05.1949 dieses o.g. Grundgesetz in einer ersten Fassung angenommen.

„Der Präsident des Parlamentarischen Rates Dr. h.c. Konrad Adenauer hat am 8. Mai 1949 den Beschluss über die Annahme des Grundgesetzes für die Bundesrepublik amtlich festgehalten.

Demnach hatte der Parlamentarische Rat, bestehend aus 65 Mitgliedern, am 8. Mai 1949 in dritter Lesung das Grundgesetz angenommen bei 53 Stimmen für die Annahme des Grundgesetzes und zwölf Stimmen gegen die Annahme des Grundgesetzes.

Von den zwölf Stimmen gegen das Grundgesetz kamen sechs Stimmen von Mitgliedern der CSU, die im Parlamentarischen Rat mit der CDU eine Fraktionsgemeinschaft bildete, sowie ferner die jeweils beiden Abgeordneten der Deutschen Zentrumspartei (Z oder DZP), der Deutschen Partei (DP) und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).“

(Quelle: https://www.bundestag.de/parlament/geschichte/75jahre/dokumente-archiv-inhalt-973828)

Der Parlamentarische Rat hatte im Grundgesetz auch das Bundesverfassungsgericht verankert, welches ein von mir sehr geschätzter, mittlerweile verstorbener Professor in Saarbrücken einmal „die Krone des Rechtsstaates“ genannt hatte und dies mit der rhetorischen Frage verknüpft hatte, „nennen Sie bitte ein weiteres Land auf dieser Erde, wo ein Einzelner mit der Behauptung, er sei in einem seiner Grundrechte verletzt worden, das höchste staatliche Gericht anrufen darf?“.

Die sog. „Väter und Mütter“ des Grundgesetzes sind auch heute noch zu beglückwünschen. Sie wollten nach der ursprünglichen Präambel des Grundgesetzes eine als „vorläufig“ gedachte Regelung schaffen, haben damit aber die Grundlage unseres Staates bereitet, die bis heute in den Kernregelungen unverändert besteht.

Die o.g. Grundrechte berechtigen jedermann in Deutschland ein selbstbestimmtes Leben im Rahmen der Gesetze führen zu können und zu dürfen, sie gewährleisten die Freiheit der Person, welche im Grunde beinhaltet, dass jeder/jede nach seiner/ihrer Facon glücklich (oder unglücklich) werden darf, dies allerdings immer nur soweit Rechte von Dritten nicht verletzt werden.

Sobald Menschen versuchen, ohne rechtliche Grundlage andere an der Ausübung der o.g. Freiheiten zu hindern, muss man von Tendenzen sprechen, die durch unser Grundgesetz nicht mehr gedeckt sind, dies sind dann Tendenzen, die an die Jahre 1933 bis 1945 in Deutschland erinnern. So ist es z.B. in Deutschland verboten, die Telekommunikation eines Anderen ohne einen gerichtlichen Beschluss abzuhören. Ein solcher Beschluss darf nach unseren Gesetzen nur bei dem Verdacht der Begehung von bestimmten Straftaten durch den Abgehörten ergehen. Die Abhörung oder Auswertung z.B. der Telekommunikation von Mitarbeitern, denen die private Nutzung der dienstlichen Telekommunikationsmittel gestattet wurde, fällt nach unseren Gesetzen auch unter dieses grundsätzliche Abhörverbot. Ebenso gelten bereichsspezifische Geheimnisse wie z.B. das Steuer- und Bankgeheimnis sowie der besondere Schutz von Gesundheitsdaten und anderen höchstpersönlichen Daten nach Art. 9 DSGVO.

Mittlerweile sind diese oben erwähnten Tendenzen nicht mehr nur in Deutschland, sondern überall in der Welt festzustellen. Man ist sogar versucht von einer Art „Mainstream“ zu sprechen, dieses Gedankengut scheint wieder salonfähig geworden zu sein. Die größte und älteste Demokratie der Welt mit ihren wunderbaren Menschen, mit einer Herkunft aus vielen Regionen und Staaten der Welt (Stichwort „Schmelztiegel“), befindet sich derzeit auf einem Weg, der die gesamte bisherige Weltordnung in Frage stellt.

Von der Welt zurück ins Saarland.

Fährt man auf der Autobahn ins Saarland, dann steht dort rechts am Rand der Autobahn der Slogan „Großes entsteht immer im Kleinen“. Ein toller Slogan für ein lebens- und liebenswertes kleines Bundesland.

Aber ist es nicht auch so, dass „großer Faschismus“ immer im „kleinen Faschismus“ entsteht und beginnt? Der „kleine Faschismus“ der sich zeigt, in der Art, wie ich mit Mitmenschen umgehe, wie ich Andersdenkende behandele, ob ich anderen Menschen mit dem Respekt begegne, den ich mir für mich selbst auch wünsche, wie ich mit Minderheiten umgehe, wie ich es mit den „Freiheiten“ halte, wenn ich selbst eventuell einmal negativ betroffen bin, etc…

Es gibt Hoffnung machende Gegenbeispiele. Viele Mitmenschen in Deutschland beginnen sich zu engagieren, nehmen z.B. an Demonstrationen teil, es gibt in der Welt demokratische Bewegungen z.B. in Syrien, in der Türkei, was Mut macht.

Seine Regierungserklärung 1969 hat Willy Brandt unter das Motto gestellt: „Wir wollen mehr Demokratie wagen“. Nie war dieses Motto richtiger und wichtiger als heute!

Hinweis an Reisende nach Großbritannien

Ab dem 2. April 2025 ist für die Einreise nach Großbritannien neben dem Reisepass eine sog. ETA-Registrierung erforderlich, diese kann nur dann entfallen, wenn ein Flughafen in Großbritannien lediglich für den Umstieg genutzt wird. Die Registrierung erfolgt für jeden Reisenden getrennt, sollte aber nur über die offizielle Seite der Regierung (Hinweise gibt es hier: https://www.gov.uk/guidance/apply-for-an-electronic-travel-authorisation-eta) vorgenommen werden, am einfachsten über die unter dem Link erwähnte App. Die Kosten der Registrierung liegen bei derzeit ca. 12 Euro, sollen in Kürze auf ca. 16 Euro angehoben werden.

Es gibt mittlerweile bereits kommerzielle Anbieter, welche die ETA-Registrierung übernehmen, dann aber weitaus höhere Kosten in Rechnung stellen. Es können auch Reisebüros beauftragt werden, auch hier werden voraussichtlich aber Mehrkosten entstehen.

Für Kanada gelten ähnliche Einreise-Regelungen. Auch hier sollte die offizielle Seite der kanadischen Regierung besucht werden.

Hinweise für Webseiten-Ersteller

Am 14.05.2024 ist das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) in Kraft getreten. Es löst das Telemediengesetz ab. In § 5 DDG sind die allgemeinen Informationspflichten für Diensteanbieter geregelt. Diese entsprechen weitgehend den Regelungen des früheren § 5 TMG.

Die Europäische Plattform für Online-Streitbeilegung wird nach der Annahme der Verordnung (EU) 2024/3228 zum 20. Juli 2025 eingestellt. Der letzte Termin für die Einreichung neuer Beschwerden über die bisherige OS-Plattform ist der 20. März 2025. Verbraucher können die Plattform noch bis zum 19. Juli 2025 für Beschwerden nutzen, die bis zum 20. März 2025 allerdings eingereicht sein müssen.

Beobachtungen aus der Praxis

1

Aus einem Verfahren vor dem Landgericht Saarbrücken gebe ich nachfolgend meinen kleinen Dialog mit dem Vorsitzenden Richter (aus der Erinnerung) wieder.

Hintergrund war, dass ein Sachverständiger in der mündlichen Verhandlung auf Antrag der Beklagtenseite gehört werden sollte zu Feststellungen eines von Beklagtenseite beauftragten anderen Gutachters. Ich hatte die Ladung zum Termin erhalten, dort stand am Ende die Anweisung, dass der Beklagte einen Kostenvorschuss „… Euro“ zu leisten habe. Das private Gutachten der Beklagtenseite war nicht beigefügt.

Es kam (sinngemäß) zu folgendem kleinen Dialog:

„Das Gutachten liegt mir nicht vor, ich rüge die Verletzung rechtlichen Gehörs.“
„Aber Sie haben doch die Ladung bekommen, da stand doch der angeforderte Kostenvorschuss drauf.“
„Das stimmt, aber wenn ich mich auf eine Befragung vorbereiten will, muss ich doch wenigstens das Gutachten der Gegenseite vorliegen haben.“
„Das Gutachten muss Ihnen zugegangen sein, ich habe dies verfügt.“
„Ich habe aber kein eEB abgegeben.“
„Das stimmt, es ist keines in der Akte, ich hatte den Versand aber verfügt, dann ist das nicht rausgegangen. Wissen Sie, wir haben so wenig Beschäftigte in der Geschäftsstelle, ich bin manchmal froh, wenn überhaupt irgendwas funktioniert…“
„Die Geltung der ZPO ist von der Stellensituation im mittleren Justizdienst unabhängig.“

Der Sachverständige wurde dann rein informatorisch gehört, weil er eben da war, Anreise ca. 250 km.

2

Einem Rechtspfleger sollte eine dringende Zustellung gemacht werden, die dem/der Richter/in vorgelegt werden sollte. In einem Telefonat vorab wurde der Rechtspfleger bereits über den Inhalt informiert. Er sagte, schicken Sie mir das bitte vorab per Telefax, bis ich es bzw. der Richter/die Richterin über beA auf dem Tisch habe(n), dauert ca. 3-4 Tage….

3

Diese o.g. Liste ließe sich erweitern.

Am 01.01.2026 soll und muss nach den bislang (noch) geltenden Gesetzen bei den Gerichten die elektronische Aktenführung eingeführt sein und muss funktionieren. Während die Anwaltschaft mit dem besonderen elektronischen Postfach (beA) bereits einige Jahre vorher sozusagen „vorleisten“ musste – das war die Kröte, die die Anwaltschaft angesichts des von den Experten ausgemachten sog. „Henne-Ei-Problems“ schlucken musste – muss ab dem 01.01.2026 auch die Justiz die Kommunikation komplett umstellen bzw. umgestellt haben.

Für Länder mit guter finanzieller Ausstattung ist dies ein kleineres Problem als für Länder mit stark defizitären Haushalten, wo es bereits am Nötigsten fehlt, was jedem Rechtsanwalt / jeder Rechtsanwältin im Saarland klar vor Augen ist, wenn er/sie z.B. das Gebäude „HKD II“ in Saarbrücken betritt.

Probleme entstanden vor allem wegen der Länderzuständigkeit für die Justiz, was in der Anfangsphase zu sog. „Entwicklerverbünden“ von bestimmten Ländern und zur parallelen Entwicklung verschiedener „Lösungen“ führte. Dies behinderte anschließend die Zusammenarbeit aller Länder, so dass – zunächst ohne Rechtsgrundlage, diese kam erst im Jahr 2008/2009 dazu – Bund-Länder-Kommissionen gebildet wurden, die diese Fragen zumindest einmal abgestimmt und im Dialog zu lösen versuchten. In diesem Zusammenhang dürfen die Arbeit der Bundesrechtsanwaltskammer, der Bundesnotarkammer, von bestimmten „Pionieren“ des Elektronischen Rechtsverkehrs im Bund und in den Ländern, ebenso die Arbeit des EDV-Gerichtstages e.V. mit seiner „Kommission Elektronischer Rechtsverkehr“ nicht geringgeschätzt werden. Allerdings litten diese Arbeiten immer unter einer der Sache absolut abträglichen hohen Fluktuationsrate der dort tätigen Personen, so dass sehr viel wichtiges Erfahrungswissen nach bestimmten Zeitabständen immer wieder verlorenging und von nachrückenden Mitarbeitern zunächst wieder neu erarbeitet werden musste.

Bezeichnend ist angesichts dieser Gesamtsituation, dass die Bundesrechtsanwaltskammer, flankiert von der Bundesnotarkammer, für die Entwicklung des beA zuständig war. Die erste Version scheiterte, man hatte dann einen neuen Entwickler gefunden. beA läuft mittlerweile, ist aber lange nicht so anwenderfreundlich wie sich dies viele Anwälte wünschen würden. Dies liegt an einem Phänomen, das man als typisch deutsch bezeichnen kann, denn die Vorstellung war, dass die Integrität und die Authentizität der Lösung die höchste Priorität haben sollten. Dies bedeutet, dass man auch ungewöhnliche und in der Praxis in nur sehr geringem Ausmaß vorkommende Sonderfälle abbilden und gelöst haben wollte, was dazu führte, dass die umfangreichen technischen Vorgaben zu Lasten der Bedienerfreundlichkeit gingen und somit die Akzeptanz von Anfang an behinderten. Hinzu kam und kommt, dass die Justizseite mit derartigen Eingängen zunächst und noch bis heute technisch, organisatorisch und personell überfordert ist, denn es ist eine Sache, wenn Anwälte über beA elektronisch kommunizieren, andererseits die Systeme und die Abläufe der Justiz hierauf gar nicht ausreichend vorbereitet sind. Hier wirkt sich dann wie oben gesagt das Datum 1.1.2026 und die zeitliche Vorleistung der Anwaltschaft äußerst negativ aus.

Im Nachhinein ist man immer schlauer. Aber: für die Zukunft sollte in diesen übergreifenden Bereichen m.E. über mehr Zuständigkeit des Bundes nachgedacht werden.

Keinesfalls bedeutet dies Kritik an der Justiz und den dort Tätigen. Allerdings sollten diese Praktiker/innen einmal gründlich und ehrlich nach ihren Erfahrungen befragt werden, um eine ehrliche und belastbare Bestandsaufnahme (neudeutsch: Evaluation) auf dem Tisch zu haben.

Stattdessen besteht in den entsprechenden Kreisen der Justiz eher die Tendenz sich neuen Fragen wie Künstliche Intelligenz zuzuwenden. Sicherlich darf man in diesem Bereich den Anschluss nicht verpassen, aber vorher sollten doch eher die herkömmlichen Abläufe in der Justiz „passen“.

Diesen Eindruck habe ich persönlich nicht, vielleicht haben andere Kollegen andere Erfahrungen gemacht, ich bin da für jedes Feedback dankbar.

Ich bleibe Rechtsanwalt…

Beruflich habe ich mich zum 01.03.2025 verändert und bin nun in eigener kleiner Kanzlei tätig. Die Partnerschaft wurde vertraglich zum 28.02.2025 beendet. Die Trennung verlief fair. Über die Gründe wurde vertraglich Stillschweigen vereinbart.

Bereits vor ca. 2 Jahren hat ein Mitglied des Sulzbacher Stadtrates zu mir gesagt, wenn Du mal Probleme mit dem Job hast, trete in die CDU ein, dann wird alles gut. Das habe ich damals nicht verstanden, denn es gab seinerzeit keinerlei Probleme. Ein Eintritt in die CDU geht leider nicht, wegen meines Rückens. Denn dort ist bei mir ein Rückgrat und ich lasse mich nicht verbiegen. Damit ist kein Pauschalurteil über Mitglieder der CDU verbunden, aber ich habe eben gewisse persönliche Erfahrungen gemacht.

Entgegen aller Unkenrufe arbeite ich sehr gerne in einem Team und zwar in allen Lebensbereichen (Beruf, Vereine, Verbände, Sport, Freizeitaktivitäten etc…), aber ich mag es nicht, wenn „Kameradschaft“ im Kern bedeutet, dass nur „de Kamerad schafft“.

Auf geht’s: ich will am 05.03.2025 nach den Faschingstagen starten, ich hoffe es klappt…

Viele Grüße Euer Wolfgang!!

P.S. die Version des Textes wurde am 01.03.2025 nach dem Vollzug der Trennung geringfügig angepasst.

Frankfurter IT-Rechtstag 2024

Der mittlerweile 13. Frankfurter IT-Rechtstag fand von Freitag 15.11.2024, 13.00 Uhr bis 19.00 Uhr, und von Samstag 16.11.2024, 09.00 Uhr bis 15.00 Uhr, als eine sog. Hybrid-Veranstaltung, d.h. sowohl als Präsenzveranstaltung in Frankfurt a.M. als auch als Online-Veranstaltung per Stream statt.

Programm Freitag 15.11.2024:
13:00 Begrüßung durch Dr. Thomas Lapp und Stephan Schmidt
13:15 KI und Haftung: Wer haftet für Fehler Künstlicher Intelligenz? Wesentliche Elemente des Richtlinienvorschlags über KI-Haftung – Anja Wyrobek, Referentin im Europäischen Parlament für MdEP Birgit Sippel
14:15 Künstliche Intelligenz: Ein Kreislauf von Daten, Datenschutz und Sicherheit? – Prof. Dr. Kristian Kersting, TU Darmstadt
15:15 Pause
15:45 Algorithmen in der Rechtsanwendung – Prof. Dr. Roland Broemel, Goethe-Universität Frankfurt
16:45 Rechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI im Unternehmen – Dr. Antonia von Appen
17:45 Pause
18:00 Der Einfluss technologischer Fortschritte auf die Cybersicherheitslandschaft – Prof. Dr. Haya Schulmann, Goethe-Universität Frankfurt
19:00 Ende

Programm Samstag 16.11.2024:
9:00 Model Multiplicity – Emma Kiem, Legal Tech Lab Frankfurt am Main
10:00 Der Data Act: Das neue EU-Datenrecht – Dr. Michelle Weber
11:00 Pause
11:15 IT- und Datenschutzrecht im Gesundheitswesen, aktuelle Entwicklungen – Charlotte Guckenmus, LL.M., Frankfurt a.M.
12:15 Mittagspause
12:45 Digitale Beweismittel – bis hin zu Deep Fakes – Prof. Dr. Christian Gomille, Universität des Saarlandes, Richter am Saarländischen Oberlandesgericht
13:45 Pause
14:00 Kauf und Miete von Standardsoftware – aktuelle Rechtsfragen – Dr. Thomas Lapp, IT-Kanzlei dr-lapp.de GbR, Frankfurt am Main
15:00 Ende

Besonders interessant waren aus meiner Sicht die Vorträge über die Haftung für Fehler der Künstlichen Intelligenz, über IT- und Datenschutzrecht im Gesundheitswesen und über die Digitalen Beweismittel. Im Rahmen des Vortrages zur KI wurde bewusst, dass man hier auf EU-Ebene noch in einer Art „Findungsphase“ steckt, wo verschiedene Lösungsmöglichkeiten durchaus auch noch offen diskutiert werden können. Im Vortrag über IT- und Datenschutzrecht im Gesundheitswesen wurde deutlich, wie viele IT-rechtlich relevante Regelungen sich sozusagen vor allem im SGB V „verstecken“. Der Beitrag zu den Digitalen Beweismitteln hatte als Aufhänger den tragischen Fall eines tödlichen Verkehrsunfalls in den USA mit einem autonom fahrenden Fahrzeug, über welches der Verantwortliche Elon Musk in einem YouTube Video sinngemäß gesagt haben soll, dass ein Unfall nahezu ausgeschlossen sei. Im Prozess war dann von den Anwälten Musks die Echtheit des Videos angezweifelt worden. Der Fall wurde von Prof. Gomille ins Deutsche Recht übertragen und besprochen, mit sehr vielen äußerst interessanten Folgefragen. Insgesamt war es wieder ein sehr gelungener IT-Rechtstag, vielen Dank vor allem an den Kollegen Dr. Thomas Lapp (Frankfurt a.M.) für die Erinnerung an den Termin!

OLG Frankfurt: zur Haftung des Hostproviders

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 13.06.2024, 16 U 195/22, https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE240000784 entschieden, dass die Haftung des Hostproviders für rechtsverletzende Inhalte eine konkrete Verdachtsmeldung voraussetzt. Ein Plattformbetreiber hafte für rechtsverletzende Inhalte (hier: Beanstandungen eines Antisemitismusbeauftragten) von Nutzern der Plattform nur, wenn die Beanstandungen eines Betroffenen – die richtig oder falsch sein können – so konkret gefasst seien, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden könne.

Das OLG hat dies für die nachfolgend wiedergegebenen Äußerungen (siehe unten „Zitate“) verneint und damit eine Haftung des Hostproviders ausgeschlossen. Das Landgericht Frankfurt (Urteil vom 14.12.2022, 2-03 O 325/22) war noch anderer Ansicht gewesen. Der Streitwert wurde auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

Zitate:

„1. „Hat der antisemitische Bürokrat C @(…) eine Nähe zur Pädophilie, weil C Kontakt mit einer ‚möglicherweise minderjährigen Asiatin‘ aufgenommen hat?“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 6 des Nutzers @A vom XX.XX.2022 um 18:36 Uhr ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)

2. „C @(…) war auf der Suche nach ‚einer minderjährigen Asiatin‘“,

„Duldet @(…) Cs sexuelles Fehlverhalten? Duldet Cs Frau D (…) sein sexuelles Fehlverhalten?.“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 4 von @A vom XX.XX.2022 um 21:34 Uhr ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)

3. „Kollegen von Cs Frau D sagen, dass C @(…) einen Seitensprung gemacht hat. Seitensprung war mit E“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 3 von @A vom XX.XX.2022 um 21:34 ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)

4. „Ich bekomme auch die ‚persönlichen Daten‘ von dem Pack der Antisemiten um @(…) C“,

„Ich kann die Namen der Antisemiten wie @(…) in meinem Artikel über Antisemitismus nennen“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 1 von @A vom XX.XX.2022 um 19:24 Uhr ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)

5. „Das ist gut für mich und für dich als Antisemit und für das Pack von Antisemiten um @(…)“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 2 von @A vom XX.XX.2022 um 19:30 Uhr ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)“

Eigener Kommentar:

Bei der Auslegung lässt das OLG die Intention der zeitlich nach dem hier gegenständlichen Vorfall ergangenen EU-Verordnung 2022/2065 vom 19.10.2022 (siehe dazu vor allem Erwägungsgrund 50) leider außer Acht. Danach haftet der Hostprovider nach Art. 6 Abs. 1 der EU-VO nicht, wenn er keine tatsächliche Kenntnis von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder rechtswidrigen Inhalten hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder rechtswidrige Inhalte offensichtlich hervorgeht. Wenn in diesem Zusammenhang das Gericht z.B. der Ansicht ist, dass der Antragsteller konkret dazu vorzutragen habe, dass es sich bei dem Antragsteller um den Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg handele, verkennt und überspannt das Gericht m.E. die vom BGH für eine tatsächliche Kenntnis von Umständen aufgestellten Grundsätze und lässt die Wertung, die sich aus § 291 ZPO (offenkundige Tatsachen) – wohlgemerkt für die Gerichtsperspektive (!) – ergibt, unbeachtet. Wenn die oben im Einzelnen aufgeführten Rechtsverstöße, zu denen jeweils noch ergänzend Bildmaterial von Antragstellerseite vorgelegt wurde, nicht hinreichend konkret sind, werden die Anforderungen für den Vortrag einer Rechtsverletzung m.E. unzulässig überspannt. Will man es unfreundlicher formulieren, kann man auch von einem skandalösen Urteil sprechen.