BGH: Wiederbegründung der Kaufpreisforderung nach Inanspruchnahme der Amazon-Marketplace-Garantie

Der BGH hat mit Urteil vom 01.04.2020, Az.: VIII ZR 18/19, entschieden:

1. Der Erklärungsgehalt der bei Abschluss eines Kaufvertrags über die Plattform Amazon Marketplace abgegebenen Willenserklärungen richtet sich auch nach den den Kauf von Marketplace-Artikel betreffenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon, soweit beide Vertragsparteien deren Geltung bei Vertragsschluss zugestimmt haben (Fortführung des Senatsurteils vom 22. November 2017 – VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 31 mwN).

2. Die geschuldete Kaufpreiszahlung ist mit der von Amazon veranlassten Gutschrift des Kaufpreises auf dem Amazon-Konto des Verkäufers bewirkt, so dass die Kaufpreisforderung erlischt. Mit der einverständlichen Vertragsabwicklung über Amazon Marketplace vereinbaren die Kaufvertragsparteien jedoch zugleich stillschweigend, dass die Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn das Amazon-Konto des Verkäufers aufgrund eines erfolgreichen A-bis-z-Garantieantrags rückbelastet wird (Fortführung des Senatsurteils vom 22. November 2017 – VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 32 ff.).

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem über die Internet-Plattform Amazon Marketplace abgeschlossenen Kaufvertrag über einen Kaminofen zum Preis von 1.316 Euro. Für diesen Kaufvertrag galt die sogenannte „Amazon.de A-bis-z-Garantie“.

Der Ofen wurde an die Beklagte ausgeliefert, von dieser installiert und vom Schornsteinfeger abgenommen. Die Beklagte überwies den Kaufpreis auf ein Konto von Amazon. Der eingegangene Geldbetrag wurde dem Amazon-Konto der Klägerin gutgeschrieben. In der Folge gab Amazon einem von der Beklagten gestellten A-bis-z-Garantieantrag statt, buchte den Kaufpreis vom Konto der Klägerin wieder ab und überwies diesen der Beklagten zurück.

Die Klägerin hat von der Beklagten die Bezahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.316 Euro nebst Zinsen sowie die Erstattung der Kosten außergerichtlicher Rechtsverfolgung begehrt. Die Beklagte hat ein Zurückbehaltungsrecht wegen diverser Mängel geltend gemacht. Die Klage hat in erster Instanz Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Der BGH begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass mit dem Abschluss des Kaufvertrags über die Plattform Amazon Marketplace die Vertragsparteien bei Vertragsschluss stillschweigend vereinbart haben, dass die getilgte Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn – wie vorliegend geschehen – das Amazon-Konto der Klägerin nach einem erfolgreichen A-bis-z-Garantieantrag rückbelastet wird. Hierbei ist unerheblich, ob die Voraussetzungen der A-bis-z-Garantie tatsächlich vorlagen. Dies ergibt sich nach Maßgabe der gebotenen – dem Senat selbst möglichen – nach beiden Seiten hin interessengerechten Vertragsauslegung.

Daher wurde der Klage auf Kaufpreiszahlung im Ergebnis stattgegeben.

BGH: Angebotsmanipulation bei Amazon

Händler, die auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon-Marketplace Produkte zum Verkauf anbieten, trifft eine Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen ihrer Angebote, die selbständig von Dritten vorgenommen werden, wenn der Plattformbetreiber derartige Angebotsänderungen zulässt.

Wer unter einer ASIN bei Amazon dauerhaft oder nach zeitlicher Unterbrechung erneut Artikel anbiete, sei zur Prüfung und Überwachung dieses Angebots verpflichtet. Die Tätigkeit als Anbieter auf der Handelsplattform Amazon stelle ein gefahrerhöhendes Verhalten dar. Das ergebe sich aus der dort bestehenden und in Händlerkreisen bekannten Möglichkeit, die Produktbeschreibung des Erstanbieters inhaltlich uneingeschränkt zu ändern. Da der Beklagte seiner Prüfungs- und Überwachungspflicht überhaupt nicht nachgekommen sei, könne dahinstehen, wie diese Pflicht näher zu konkretisieren sei.

Diese Rechtsauffassung bestätigte der BGH in einem Urteil vom 03.03.2016, Az.: I ZR 140/14 = http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=10&nr=75492&pos=303&anz=607.

OLG Köln: Amazon-Suchergebnisse können eine Markenverletzung darstellen

Das OLG Köln hat mit Urteil vom 20.11.2015, Az.: 6 U 40/15, (https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koeln/j2015/6_U_40_15_Urteil_20151120.html) entschieden, dass Amazon als Mittäterin dafür haftet, dass bei der Eingabe eines geschützten Markennamens in das Suchfeld unter amazon.de infolge des Suchalgorithmus von Amazon zugleich auch andere Konkurrenzangebote fremder Anbieter in der Trefferliste angezeigt werden. Da die Anzeige der Konkurrenzangebote alleine auf der Tätigkeit von Amazon beruhe, habe Amazon nicht mehr nur die Stellung einer reinen Plattformbetreiberin inne, sondern müsse für die eingestellten Angebote wie für eigene einstehen.

Das Gericht führt aus:

„Hier ist die Situation aber anders: Es handelt sich um den Algorithmus der Antragsgegnerin, die Zusammenstellung der auf die Suchanfrage hin angezeigten Angebote ist ihre eigene Leistung, und letztlich hängt es vom Zufall ab, ob in der Liste eigene Angebote von „Amazon“ oder „Marketplace“-Angebote auftauchen (so ausdrücklich die Antragsgegnerin im Verfahren 33 O 149/13, dort Bl. 169). Die Angebote als solche sind nicht rechtswidrig. Der Rechtsverstoß folgt allein aus dem Umstand, dass sie auf die Eingabe des zugunsten des Antragstellers geschützten Zeichens angezeigt werden. Diese die Rechtswidrigkeit begründende Verknüpfung zwischen der Eingabe des Zeichens und dem Angebot eines Konkurrenzprodukts beruht allein auf der Tätigkeit der Antragsgegnerin. Durch den Einsatz des Algorithmus, um interessierte Kunden auf bestimmte Angebote zu lenken, nach denen sie nicht direkt gesucht haben, verlässt die Antragsgegnerin die Rolle einer reinen Plattformbetreiberin und kann sich daher nicht darauf zurückziehen, die betreffenden Angebote seien nicht von ihr, sondern Dritten auf ihrer Plattform eingestellt worden (vgl. BGH, GRUR 2013, 1229 Tz. 37 – Kinderhochstühle im Internet II, zur Haftung von „eBay“ als Störer). Im vorliegenden Fall haftet die Antragsgegnerin daher jedenfalls als Mittäterin für die aufgrund ihres Algorithmus eintretenden Rechtsverletzungen.“