Zulässigkeit einer qualifizierten Container-Signatur beim EGVP

Der BGH hat mit Beschluss vom 14.05.2013, Az.: VI ZB 7/13, (http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20130109) entschieden, dass die im EGVP-Verfahren eingesetzte Container-Signatur den Anforderungen des § 130a ZPO genügt.

Im entschiedenen Fall war eine Berufungsbegründung am letzten Tag der Frist mittels EGVP eingereicht worden, wobei nicht die Einzeldokumente der Sendung je für sich signiert worden waren, sondern der Gesamtinhalt der Sendung (sog. Container) mit einer einzigen Signatur versehen worden war. Die Vorinstanz sah darin keine wirksame Einreichung und wies die Berufung aus formalen Gründen der nicht rechtzeitigen Berufungsbegründung zurück. Ein Wiedereinsetzungsgesuch scheiterte.

Der BGH hob diese Entscheidungen der Vorinstanz auf.  Er entschied damit eine Streitfrage, bezüglich der bis zuletzt eine eventuelle gesetzliche Klarstellung diskutiert worden war, die Frage nämlich, ob es ausreicht, wenn die vorgeschriebene qualifizierte elektronische Signatur sich auf dem Container der zusammengefassten Einzeldokumente befindet oder ob demgegenüber die Einzelsignatur jedes einzelnen Dokumentes erforderlich ist. Der BGH schloss sich der im Schrifttum hierzu bislang überwiegend vertretenen Meinung an, dass der Zweck der Signatur, die Sicherstellung von Authentizität und Integrität des Dokuments auch mit der Signatur des Containers erreicht wird. Der BGH sagt insoweit: „Die qualifizierte Container-Signatur ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht nur die jeweils übersandte Einzeldatei, sondern die gesamte elektronische Nachricht umfasst, mit der die Datei an das Gericht übermittelt wird.“

Der BGH stellt abschließend fest, dass nur ein solches Verständnis des Begriffs der qualifiziert elektronischen Signatur dem Anspruch der Prozessbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes ausreichend Rechnung trägt, der es u.a. verbietet, an die Beachtung formeller Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens überspannte Anforderungen zu stellen.

Die Entscheidung ist sehr zu begrüßen, lässt sie doch auch die Tendenz erkennen, dass prozessuale und formale Vorschriften mittlerweile auch vom BGH im Lichte der Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs ausgelegt werden.

Immer Ärger mit Formularen?

Drei kürzlich ergangene Entscheidungen verschiedener Gerichte befassten sich mit der Gestaltung von Formularen.

Das LG Dortmund entschied mit Beschluss vom 24.04.2013, Az.: 9 T 118/13, (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/dortmund/lg_dortmund/j2013/9_T_118_13_Beschluss_20130424.html), dass die farbliche Gestaltung eines Formulars für einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss selbst dann nicht zwingend zur gesetzlich vorgeschriebenen Form gehört, wenn das vorgeschriebene Formular zuvor im Bundesgesetzblatt abgedruckt worden war. Die farbliche Gestaltung sei nicht von der bindenden Form nach § 3 ZVFV (Zwangsvollstreckungsformularverordnung) umfasst.

Das Gericht führt zu Sinn und Zweck der vorliegend verwendeten Formulare aus:

„Im Gegenteil ist formuliertes Ziel durch die Vereinheitlichung der Formulare deren Handhabung zu erleichtern (vgl. S. 26 zur BR-Drucksache 326/12; siehe auch Fechter, a.a.O.). Diese Vereinfachung erfordert jedoch nach Auffassung der Kammer weder für die Justiz noch für den Bürger/die Bürgerin die Verwendung farbiger Formulare. Gewollte Hervorhebungen werden auch im schwarz-weißen Ausdruck sichtbar (s.o.).“

Das LG Mannheim entschied mit Beschluss vom 22.05.2013, Az.: 10 T 26/13 (http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&Art=en&Datum=2013&nr=16940&pos=1&anz=279) einen etwas anders gelagerten Fall. Dort hatte die Beschwerdeführerin im Feld D des verwendeten Formulars zusätzlich zu den fünf vorgedruckten Alternativen weitere drei Alternativen als formularmäßigen Text hinzugefügt und im Feld F darüber hinaus den amtlichen Text inhaltlich abgeändert. Das Gericht entschied, dass die Beschwerdeführerin damit kein amtlich vorgeschriebenes Formular mehr benutzt habe und wies die Beschwerde ab.

Das Gericht formuliert hier zum Sinn und Zweck der Formularanordnung:

„Dass das Amtsgericht einem nicht auf dem zwingend vorgeschriebenen amtlichen Formular eingereichten Antrag nicht stattgeben muss, ergibt sich aus dem Zweck dieses Formulars. Es wäre widersinnig, ein Formular zwingend einzuführen, um dann selbst erstellten Formularen dieselbe Bedeutung zuzumessen. Zwar ist ausweislich der gesetzlichen Begründung ein Grund für den Formularzwang die Vorbereitung der elektronischen Bearbeitung, die bisher noch nicht umgesetzt ist. Darauf beschränkt sich die Zielsetzung aber erkennbar nicht, sondern folgerichtig soll auch schon vor der elektronischen Bearbeitung durch die Benutzung von Formularen die Arbeit der Amtsgerichte durch Vereinfachung erleichtert werden (vgl. in der amtlichen Begründung BR Drucksache 326/12 unter A III). Dies würde in das Gegenteil verkehrt, wenn eine umständliche Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit selbstgemachter Formulare erforderlich wäre.“

Schließlich entschied der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 20.03.2013, Az.: VI R 9/12 (zu finden über http://www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen/entscheidungen-online), dass die unübersichtliche Ausgestaltung des ElsterFormulars für den Veranlagungszeitraum 2008 kein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen begründe. In dem entschiedenen Fall hatte der Steuerpflichtige Unterhaltsleistungen nicht angegeben. In den Anwenderhinweisen war auf die Angabe dieser Unterhaltsleistungen nicht im Rahmen des betreffenden Formular-Feldes, sondern erst am Ende einer weiteren Anlage hingewiesen worden. Die durch eine derartig unübersichtliche Gestaltung der elektronischen Formulare versäumte Angabe von Unterhaltsleistungen müsse sich der Steuerpflichtige nicht als grobes Verschulden anrechnen lassen.

Was allen drei Entscheidungen zugrunde liegt, ist die Frage, wie Sinn und Zweck von Formularanordnungen, die tatsächliche Gestaltung von Formularen und schließlich die vom Pflichtigen gemachten Angaben in das richtige Verhältnis zueinander gesetzt werden. Im Idealfall laufen alle drei Aspekte zusammen. In diesem Fall hat man ein perfekt ausgefülltes Formular, das der adressierten Stelle alle gewünschten Informationen liefert. Diese Fälle erreichen die Gerichte nicht. In den notleidenden Fällen ist m.E. aber zu fragen – und diese Frage stellt sich bei der Umsetzung in die elektronische Welt noch verstärkt – ob der empfangenden Stelle alle gewünschten und benötigten Informationen vorliegen und ob der Aufwand, diese Informationen zu erschließen, vertretbar ist, d.h. ob ggf. eine maschinelle Auswertung des Formulars ohne umfangreiche Rückfragen beim Antragsteller erfolgen könnte. Ist dies der Fall, dürfen aus meiner Sicht gestalterische Fragen keine entscheidende Rolle spielen.