AG Saarbrücken: keine Haftung des Anschlussinhabers bei Ausnutzen einer Sicherheitslücke des Routers

In einem von mir geführten Verfahren vor dem Amtsgericht Saarbrücken (Urteil vom 13.11.2018, Az.: 122 C 119/18 (14)) hat das Gericht die Haftung des von mir vertretenen Anschlussinhabers verneint und die Klage des Verlages wegen angeblichen Hochladens von Hörbüchern via Filesharing abgewiesen. Das Gericht war der Auffassung, dass der Beklagte nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt hatte, dass eine Sicherheitslücke des Routers zu einem Eingriff Dritter von außen auf den Router und zu der gegenständlichen Rechtsverletzung geführt hatte. Die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers sei daher widerlegt worden und die Klägerseite wieder voll beweispflichtig.

In dem entschiedenen Fall hatte der Beklagte den Router nach Erhalt der Abmahnung untersucht und hatte dem Gericht Ausdrucke (Screenshots) vorlegen können, die belegten, dass zwei fremde, dem Beklagten nicht gehörende Geräte im Router angemeldet gewesen waren. Im Zeitpunkt des Tatvorwurfs bestand für den verwendeten Router zudem eine in allen Online-Medien gemeldete Sicherheitslücke. Die Daten belegten im vorliegenden Fall, dass der gegenständliche Router von der Sicherheitslücke betroffen war.

OLG Köln: Unitymedia darf Router der Kunden für den Aufbau eines flächendeckenden WLAN-Netzes nutzen

Unitymedia NRW darf die Router, die das Unternehmen den Kunden stellt, für den Aufbau eines flächendeckenden WLAN-Netzes mittels eines zweiten WLAN-Signals („WifiSpots“) nutzen. Eine ausdrückliche Zustimmung der Kunden („Opt in“) ist hierfür nicht erforderlich. Es muss aber für die Kunden die jederzeitige Möglichkeit bestehen, durch einen Widerspruch aus diesem System auszusteigen („Opt out“). Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln entschieden und eine Klage der Verbraucherzentrale NRW gegen Unitymedia NRW abgewiesen (Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 02.02.2018 – Az. 6 U 85/17).

Die Verbraucherzentrale vertrat den Standpunkt, dass für die Konfiguration eines zweiten Signals, das ein vom WLAN-Netz des Kunden („1st SSID“) unabhängiges WLAN-Netz („2nd SSID“) auf dem Router aktiviert, eine ausdrückliche Zustimmung des Kunden erforderlich sei. Dieser Argumentation war das Landgericht gefolgt und hatte der Unterlassungsklage stattgegeben.

Auf die Berufung von Unitymedia hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage der Verbraucherzentrale abgewiesen. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Aufschaltung des zusätzlichen Signals keine unzumutbare Belästigung der Kunden im Sinne von § 7 Abs. 1 UWG darstelle. Zwar handele es sich bei dem zusätzlichen WLAN-Signal um eine Belästigung. Den Kunden werde eine geschäftliche Handlung aufgedrängt, um die sie nicht selbst nachgesucht hätten und für deren Vornahme auch deren Entscheidung nicht abgewartet worden sei. Wie bei unbestellter Werbung müssten sich die Kunden mit der Maßnahme von Unitymedia befassen und ihr Aufmerksamkeit zuwenden. Die Belästigung sei aber bei einer Abwägung zwischen den Interessen des Unternehmens und denen der Kunden nicht als unzumutbar im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 UWG einzustufen. Das Unternehmen habe ein berechtigtes Interesse, sein Dienstleistungsangebot durch Zusatzfunktionen auszuweiten. Außerdem gebe es ein Interesse der anderen Kunden, Wifi-Hotspots auch außerhalb der Privatwohnung zu nutzen. Demgegenüber sei die Belästigung der Kunden durch die Aufschaltung des zweiten Signals gering. Ihr Eigentumsrecht sei nicht betroffen, weil die Router unstreitig im Eigentum von Unitymedia stünden. Die Software könne ohne Mitwirkung oder Störungen der Kunden aufgespielt werden. Anhaltspunkte für eine Sicherheitsgefährdung seien ebenfalls nicht vorgetragen worden. Schließlich bestehe für die Kunden jederzeit die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen, also aus dem von Unitymedia betriebenen System wieder herauszuoptieren („Opt put“). Würde dieser Widerspruchsweg nicht eröffnet, wäre die Belästigung allerdings unzumutbar.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil die Frage, inwieweit die Nutzung von im Eigentum des Unternehmers verbleibenden Ressourcen im Haushalt des Kunden zulässig ist, über die Lösung des konkreten Falles hinausreiche.

(Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln vom 02.02.2018)