AG Mönchengladbach: Kein Vertragsschluss bei Klick auf Schaltfläche „Jetzt anmelden“

Das Amtsgericht Mönchengladbach hat mit Urteil vom 16.07.2013, Az.: 4 C 476/12, entschieden, dass dem Betreiber einer Handelsplattform für Geschäftskunden kein Anspruch auf Zahlung der jährlichen Anmeldegebühr zur Plattform zusteht, wenn eine Anmeldung zur Plattform lediglich über die Schaltfläche „Jetzt anmelden“ erfolgen kann.

Die Beklagte betrieb im Internet unter der Adresse „www.N-Einkaufsquellen.de“ eine Handelsplattform für Geschäftskunden. Hierüber können Gewerbetreibende Dienstleistungen und Waren, insbesondere Restposten und 2. Wahl-Ware, handeln sowie Bezugsquellen recherchieren, Geschäftskontakte aufnehmen und abwickeln. Die Beklagte verschafft ihren Kunden hierfür einen entgeltlichen Zugang zu ihrer Datenbank im Rahmen eines Abonnements mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten gegen eine Grundgebühr i. H. v. 24 € im Monat. Die Grundgebühr rechnet die Beklagte für den Zeitraum von einem Jahr im Voraus ab (vgl. §§ 3 und 5 der AGB der Beklagten). Verbraucher sind von der Nutzung der angebotenen Leistung ausgeschlossen (vgl. § 1 der AGB der Beklagten). Anfang Oktober 2012 suchte der Kläger im Internet nach günstigen Angeboten für ein Mobiltelefon, das er seiner Tochter zum Geburtstag zu schenken beabsichtigte. Auf der Internetseite eines sozialen Netzwerks entdeckte er eine Werbeanzeige mit einem entsprechenden Angebot. Durch Anklicken der Werbeanzeige gelangte er auf eine Seite der genannten Handelsplattform der Beklagten. Um Zugriff auf das Angebot zu erhalten, war eine Anmeldung auf der Seite erforderlich. Diese erfolgte über ein elektronisches Anmeldeformular der Beklagten. Dieses füllte der Kläger unter wahrheitsgemäßer Angabe seines Vor- und Nachnamens, seiner Telefonnummer, Adressdaten und E-Mail-Adresse aus. Das Feld „Firma“ beließ er ohne Eintrag. Dieses Feld ergänzte die Beklagte später automatisch durch die Bezeichnung „Einzelfirma“. Der Kläger bestätigte die Anmeldung mit der Betätigung der Schaltfläche „Jetzt anmelden“.

Das Gericht entschied im Rahmen der negativen Feststellungsklage zunächst, dass es dem Kläger nicht verwehrt sei, sich auf seine Verbrauchereigenschaft zu berufen.

„Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger über der Schaltfläche ‚Jetzt anmelden‘ den Text „Ich akzeptiere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und bestätige ausdrücklich meinen gewerblichen Nutzungsstatus  vorgefunden und diese Angabe mit einem Häkchen im Kästchen neben dem Text bei der Anmeldung bestätigt hat. Durch Setzen eines solchen Häkchens wird jedenfalls der Beklagten nicht bewusst vorgetäuscht, dass der Nutzer hier als Unternehmer in seiner Unternehmereigenschaft die Anmeldung betreibt. Diese Angaben werden von der Beklagten im eigenen Interesse abgefragt; eine Überprüfung der Angaben unterbleibt. Der Beklagten erscheinen die Angaben zu dieser Tatsache auch nicht so wichtig zu sein, da sie dem Kläger sowie sonstige Nutzer ohne jede Prüfung der Unternehmereigenschaft als Kunde für ihre Handelsplattform aufnimmt und akzeptiert.“

Ein Vertrag sei jedoch aufgrund der Regelung in § 312g Abs. 3 und 4 BGB nicht zustande gekommen.

„Durch Betätigung der Schaltfläche ‚Jetzt anmelden‘ seitens des Klägers ist kein Vertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande gekommen. Dem steht § 312g Abs. 3 und 4 BGB entgegen. Bei einem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, muss der Unternehmer die Bestellsituation bei einem Vertrag so gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die vorstehende Pflicht des Unternehmers nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern ‚zahlungspflichtig bestellen‘ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Verletzt der Unternehmer diese Pflicht, so kommt gemäß § 312g Abs. 4 BGB ein Vertrag nicht zustande.“

Zudem sei die AGB-Regelung bezüglich der Entgeltlichkeit der Dienstleistung der Beklagten ohnehin nicht Vertragsbestandteil geworden, da es sich insoweit um eine überraschende Klausel (§ 305c Abs. 1 BGB) handele.

„Überraschend sind Klauseln, die die Entgeltlichkeit der Anmeldung und Mitgliedschaft sowie die Laufzeit regeln, bei typischerweise kostenlosen Dienstleistungen im Internet wenn bei Vertragsschluss auf die Umstände nicht deutlich hingewiesen wird, vgl. etwa AG Dresden, a.a.O. Hier musste der Kläger nicht davon ausgehen, dass die Leistung der Beklagten nur gegen Entgelt angeboten wird. Die Beklagte betreibt eine Handelsplattform, auf welcher dritte Unternehmen Waren anbieten und recherchieren sowie Vertragsabschlüsse herbeiführen können. Im Internet existiert eine Vielzahl solcher Handelsplattformen, die auch typischerweise ohne Aufnahmegebühr und ohne Abschluss eines entgeltlichen Abonnements nutzbar sind. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass ihr Geschäftsmodell für den durchschnittlichen Nutzer und damit für den Kläger auf den ersten Blick erkennbar von den vorstehenden typischerweise kostenlosen Handelsplattformen abweicht; dies ist auch nicht ersichtlich.“

Ob die Beklagte im Zeitpunkt der Anmeldung des Klägers in einem farblich hervorgehobenen Kästchen, räumlich neben dem Anmeldeformular, unter der Überschrift „Informationen“ auf die Kostenpflichtigkeit des Angebots hingewiesen worden sei, könne dahinstehen, da  ein solcher Hinweis nicht in klarer und verständlicher Form erteilt worden sei. Er finde sich nahezu versteckt im Kleingedruckten unter der Überschrift „Informationen“.

LG Frankfurt/Oder: Widerruf auch noch nach 6 Monaten

Das LG Frankfurt (Oder) hat mit Urteil vom 13.08.2013, Az.: 16 S 238/12, entschieden, dass ein Kunde einer Internet-Partnerbörse den geschlossenen Mitgliedschaftsvertrag auch noch nach Ablauf von mehr als 6 Monaten wirksam widerrufen kann, sofern keine hinreichende Belehrung über das dem Kunden zustehende Widerrufsrecht erfolgt war.

Im vorliegenden Fall hatte die Internet-Partnerbörse zwar formuliert“ Natürlich möchten wir Sie noch darauf hinweisen, dass Sie ein 14-tägiges Widerrufsrecht haben“, das Gericht sah dies aber nicht als wirksame Belehrung im Sinne der §§ 355, 360 BGB an. Eine wirksame Belehrung über das Widerrufsrecht liege auch nicht in dem Akzeptieren der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn wie vorliegend die Bestätigung der AGB im Zusammenhang mit der Registrierung zu dem Dienst erfolgt war und nicht bei dem späteren Hinzubuchen der Premium-Mitgliedschaft.

Dass die Erklärung des Kunden nicht mit „Widerruf“ bezeichnet war, spielt nach Ansicht des Gerichtes keine Rolle. Der Unterschied zwischen der vorliegend erklärten Kündigung und dem Widerruf sei einem juristisch nicht vorgebildeten Laien nicht geläufig, so dass für den nicht ordnungsgemäß belehrten Kunden hieraus kein Nachteil abgeleitet werden könne.

OLG Düsseldorf: keine Berufungsbegründung via EGVP

Das OLG Düsseldorf hat in einem Urteil vom 24.07.2013, Az.: VI-U (Kart) 48/12 (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duesseldorf/j2013/VI_U_Kart_48_12_Urteil_20130724.html) , entschieden, dass das Versenden eines Berufungsbegründungsschriftsatzes via EGVP an das E-Mail-Postfach des OLG Düsseldorf keine fristwahrende Wirkung hat, da im Bereich des OLG Düsseldorf der elektronische Rechtsverkehr für Berufungszivilsachen noch nicht eröffnet sei.

In dem entschiedenen Fall war die Berufungsbegründung am letzten Tag der Begründungsfrist via EGVP an das OLG Düsseldorf gesandt worden, dort aber aufgrund einer technischen Störung des Mailservers erst ca. 2 Wochen später dem zuständigen Richter zugeleitet worden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde abgelehnt.

Zur Begründung verweist das Gericht darauf, dass aus dem Vorhalten eines E-Mail-Postfaches bzw. aus der Teilnahme am EGVP nicht geschlossen werden kann, dass der elektronische Rechtsverkehr für fristwahrende Schriftsätze in Berufungssachen eröffnet sei.

Das Gericht führt dazu aus:

„In Nordrhein-Westfalen ist eine entsprechende Rechtsverordnung für die Einreichung elektronischer Dokumente bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf nicht erlassen worden. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat die Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnung Ende 2003 auf das Justizministerium des Landes übertragen. Der durch Verordnung des Landes-Justizministeriums eröffnete elektronische Rechtsverkehr beschränkt sich im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit bislang auf Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG, die bei dem Landgericht Köln geführt werden, sowie auf Registersachen bei den Amtsgerichten des Landes. Ob – wie die Klägerin meint –  der Eröffnung der EGVP-Postfächer aufgrund der landesweiten Registrierung aller Gerichte im EGVP ein Organisationsakt des Justizministeriums vorausgegangen sein müsse, kann in diesem Zusammenhang dahin stehen. Keinesfalls kann aus der landesweiten Registrierung weitergehend geschlossen werden, durch ministerielle Verfügung sei für sämtliche Gerichte des Landes auch der elektronische Rechtsverkehr eröffnet worden.“

„Im Übrigen fehlt jedweder Anhaltspunkt für die Annahme, die Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf habe das elektronische Postfach unter Missachtung von § 130 a Abs. 2 ZPO auch für den Empfang von Anwaltsschriftsätzen in Berufungsverfahren bereitgestellt. Aus den EGVP-Organisationsempfehlungen der Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9.11.2011 ergibt sich das Gegenteil.“

Die Fristversäumung sei vorliegend auch verschuldet, weshalb eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werde. Der Anwalt habe eine Pflicht, nicht nur die Fristen zu prüfen, sondern auch den richtigen Übertragungsweg für die fristwahrenden Schriftsätze festzustellen und zu prüfen.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf mag formal richtig sein. Sie hinterlässt aber einen faden Beigeschmack. Ich bin keineswegs der Meinung, dass es dahinstehen kann, ob der Eröffnung der EGVP-Postfächer aufgrund der landesweiten Registrierung aller Gerichte im EGVP ein Organisationsakt des Justizministeriums vorausgegangen sein müsse. Ich bin der Ansicht, dass bei Eröffnung der EGVP-Postfächer mindestens eine Pflicht des Gerichtes besteht auf die Tatsache, dass der fristwahrende Schriftsatz nicht wirksam via EGVP eingereicht werden kann, nochmals hinzuweisen. Erfolgt dieser Hinweis nicht bereits am Tage der Zusendung des Schriftsatzes via EGVP und damit am Tage des Fristablaufs, müsste meines Erachtens dem Anwalt bei aufgrund technischer Probleme verzögerter Kenntnisnahme seitens des Gerichtes eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Dies folgt daraus, dass Zusendungen via EGVP in der Regel vorgenommen werden, um eine möglichst schnelle Zustellung an den Empfänger sicherzustellen und daher überwiegend zur Fristwahrung am Tag des Fristablaufs eingesetzt werden. Die Kenntnis dieses Umstands führt auch auf der Seite des Empfängers zu einer besonderen „Fürsorgepflicht“. Denn es besteht ein Unterschied darin, ob eine E-Mail-Sendung an ein einfaches E-Mail-Postfach des Gerichtes (für normale Post) gesandt wird oder an das eingerichtete und registrierte EGVP-Postfach des Gerichtes.

Vom Gericht ist in solchen Fällen zu verlangen, dass bei Eröffnung des EGVP die eingehenden Mails eine automatische Bestätigung des Inhalts erhalten, dass die Sendung eingegangen ist, aber fristwahrende und bestimmende Schriftsätze nicht per EGVP eingereicht werden dürfen. Das könnte etwa so aussehen:

„Sie haben eine Nachricht per EGVP eingereicht. Wir weisen darauf hin, dass der elektronische Rechtsverkehr beim OLG Düsseldorf noch nicht eröffnet ist und daher fristwahrende oder bestimmende Schriftsätze nicht wirksam eingereicht werden können.“

Möglicherweise wäre dem Gericht auch § 242 BGB wegen unzulässigen Selbstwiderspruchs entgegenzuhalten, wenn möglicherweise das Gericht in vorherigen Fällen eingehende EGVP-Nachrichten, die keine fristwahrenden oder bestimmenden Schriftsätze enthielten, bearbeitet hat.

Die zugrundeliegenden Rechtsfragen sind m.E. nicht höchstrichterlich geklärt, so dass sich mir nicht erschließt, weshalb laut Gericht Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen sollen. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH über eine Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden haben wird.