Der BGH hat mit Urteil vom 26.02.2020, Az.: VIII ZR 267/17, (= http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/portal/t/8c4/page/bsjrsprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE307452020&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint) entschieden, dass eine bei Gefahrübergang bestehende Eintragung eines Kraftfahrzeugs in das Schengener Informationssystem (SIS) zwar einen Rechtsmangel darstellt, für den der Verkäufer grundsätzlich haftet. Ein bei Gefahrübergang vorliegendes tatsächliches Geschehen, das erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer SIS-Eintragung führt, genügt demgegenüber nach Ansicht des BGH nicht.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten nach dem Verkauf eines Gebrauchtwagens über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Rücktritts vom Kaufvertrag infolge eines Rechtsmangels.
Mit Vertrag vom 12. Juli 2011 kaufte der Kläger vom Beklagten einen gebrauchten Audi Q7 zu einem Kaufpreis von 36.250 €. Noch am selben Tag wurde der Kaufpreis bezahlt und das Fahrzeug, zusammen mit einer von der Stadt Köln ausgestellten Zulassungsbescheinigung II, in die der Beklagte als Eigentümer eingetragen war, an den Kläger übergeben.
Rund 20 Monate später, am 6. März 2013, wurde der Kläger mit dem Fahrzeug bei der Rückkehr aus der Türkei an der serbischen Grenze angehalten. Das Fahrzeug wurde dort auf der Grundlage einer Interpol-Meldung mit der Begründung beschlagnahmt, es werde in Rumänien als Gegenstand einer Straftat gesucht. Über das Polizeipräsidium Dortmund erhielt der Kläger später zudem die Mitteilung, dass das Fahrzeug seit dem 22. Mai 2014 im Schengener Informationssystem (SIS) zwecks Sicherstellung ausgeschrieben sei. Als Fahrzeughalter sei in Rumänien seit dem 22.12.2008 das Unternehmen E. und die A. als Besitzerin gemeldet. An dieses Unternehmen wurde das beschlagnahmte Fahrzeug in der Folge herausgegeben.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger den Beklagten auf Verschaffung von Eigentum und Besitz an dem Audi Q7 in Anspruch genommen und hilfsweise die Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises (36.250 €), abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 6.889,78 €, insgesamt 29.805,82 €, nebst Zinsen begehrt. Bezüglich des Hilfsantrages stützt er sich auf ein vorprozessuales Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 13. April 2014, mit dem er die Rückzahlung des Kaufpreises vom Beklagten verlangt, sowie auf einen im Prozess ausdrücklich erklärten Rücktritt.
Das Landgericht hat die Klage (vollständig) abgewiesen. Es hat es für erwiesen erachtet, dass der ursprüngliche rumänische Eigentümer Strafanzeige wegen „Vertrauensmissbrauch“ (Nichtzahlung der Leasingraten) erstattet habe und deshalb das Fahrzeugs nicht abhandengekommen sei. Der Kläger habe deshalb gutgläubig das Eigentum an dem Fahrzeug erwerben können, so dass weder ein Sach- noch ein Rechtsmangel vorliege.
Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen – auf den Hilfsantrag des Klägers zur Zahlung von 29.137,01 € nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Der BGH begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:
Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Frage, ob in der Eintragung eines Kraftfahrzeugs in die SIS-Fahndungsliste ein Rechtsmangel liegt, darauf abgestellt, dass diese Eintragung bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestand (Senatsurteile vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 234/15, aaO Rn. 14; vom 26. April 2015 – VIII ZR 233/15, aaO). Grund hierfür ist der Umstand, dass der Käufer mit der Aufnahme des Fahrzeugs in die SIS-Fahndungsliste in der ungestörten Nutzung der Kaufsache und damit in der Ausübung der ihm – nach Übergabe – gebührenden Rechtsposition eines Eigentümers (§ 903 BGB) konkret beeinträchtigt ist. Erst mit der Eintragung in das SIS verdichtet sich das Risiko der Ausübung von Rechten Dritter – hier in Gestalt strafprozessrechtlicher Zugriffsbefugnisse auf das verkaufte Fahrzeug – so stark, dass mit dessen Verwirklichung unmittelbar und jederzeit gerechnet werden muss.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest mit der Folge, dass allein das Vorliegen eines tatsächlichen Geschehens, das wegen seiner erst nach Gefahrübergang erkannten strafrechtlichen Bedeutung für eine spätere SIS-Fahndung – und in deren Folge für eine etwaige Beschlagnahme – in irgendeiner Weise kausal geworden ist (hier die unterlassene Rückgabe des im Jahr 2009 in Rumänien als Leasingfahrzeug genutzten Audi Q7 an den Leasinggeber) für die Annahme eines Rechtsmangels nicht genügt.