LAG Köln: Rechtsweg bei (Dritt-)Widerklage wegen einer Urheberrechtsverletzung

Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Beschluss vom 07.09.2021, Az. 9 Ta 107/21, (= https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2021/9_Ta_107_21_Beschluss_20210907.html) entschieden, dass eine vor dem Arbeitsgericht erhobene (Dritt-)Widerklage gemäß § 104 Satz 1 UrhG in die ausschließliche Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit fällt, wenn sich die Widerklageforderung auf urheberrechtliche Anspruchsgrundlagen stützen lässt und zunächst ausdrücklich darauf gestützt wurde. Dies gilt auch in den Fällen, in denen ein rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Klage besteht.

Mit seiner am 06.07.2020 bei dem Arbeitsgericht Köln anhängig gemachten und der Beklagten am 15.07.2020 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Zahlung von Urlaubsentgeltdifferenzen für die Jahre 2018 bis 2020, eine Umsatzbeteiligung für den Monat Januar 2020 i.H.v. insgesamt 17.169,73 EUR brutto sowie ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Mit weiterem Schriftsatz vom 27.01.2021 begehrt der Kläger hilfsweise Auskunft über die von ihm im Januar 2020 erzielten Honorare für die von ihm im Januar 2020 behandelten Patienten.

Die Beklagte macht gegenüber den Zahlungsansprüchen des Klägers ein Zurückbehaltungsrecht geltend und hat „hilfsweise“ die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus Urheberrechtsverletzungen erklärt. Mit ihrer Widerklage sowie den beiden Drittwiderklagen macht die Beklagte Ansprüche geltend, die sie darauf stützt, dass der Kläger Teile der in ihrer Praxis eingesetzten Praxismanagement-Software in eine eigene Software überführt hat und diese durch die Drittwiderbeklagte zu 1 vertreibt.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagten rügen den Rechtsweg für die (Dritt-) Widerklage. Denn § 104 Satz 1 UrhG begründe für Urheberrechtsstreitigkeiten eine ausschließliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 19.03.2021 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen hinsichtlich der abgetrennten Widerklage sowie der Drittwiderklage für unzulässig erklärt, den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Köln verwiesen und den Rechtsstreit im Übrigen bis zur formellen Rechtskraft der Vorabentscheidung ausgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte mit Widerklage und Drittwiderklage urheberrechtliche Ansprüche geltend mache, für die gemäß § 104 Satz 1 UrhG ausschließlich die ordentlichen Gerichte zuständig seien. Denn zu den Urheberrechtsstreitsachen würden auch die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung der Vervielfältigung, Verbreitung und Veröffentlichung von Software nach § 97 Abs. 1 UrhG, auf Vernichtung eines Quellcodes nach § 69 f. Abs. 1 UrhG, auf Auskunft nach § 242 BGB i.V.m. § 97 Abs. 2 S. 2 und 3 UrhG, auf damit verbundene eidesstattliche Versicherung gemäß § § 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB sowie auf Schadensersatz gemäß § 98 Abs. 2 S. 1 UrhG sowie § 10 Abs. 1 GeschGehG zählen. Eine Zusammenhangszuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 Abs. 3 ArbGG scheide wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aus. Dass die Beklagte sich neben den urheberrechtlichen Anspruchsgrundlagen auch auf § 10 Abs. 1 GeschGehG berufe, ändere nichts daran, dass es sich bei den einheitlich geltend gemachten Ansprüchen um eine Urheberrechtsstreitigkeit handele. Der Rechtsstreit sei daher hinsichtlich des abgetrennten Teils an das zuständige Landgericht Köln zu verweisen. Die Beklagte hatte gegen den entsprechenden Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt, über die das Landesarbeitsgericht nun entschieden hat.

BFH: Rechtsweg im Datenschutzrecht

Der BFH stellte mit Beschluss vom 07.04.2020, Az. II B 82/19, fest, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden nicht anwendbar ist. Für Ansprüche nach dem BDSG sei der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde beim Finanzamt umsatzsteuerlich geführt. Im Jahre 2014 schaltete das Finanzamt den Beklagten und Beschwerdegegner, dort die Steuerfahndung ein, die wegen verschiedener Vorwürfe im Jahre 2015 Steuerstrafverfahren gegen den Kläger einleitete. Die strafrechtlichen Ermittlungen, jedoch noch nicht das Strafverfahren selbst, wurden durch den Bericht der Steuerfahndung des Finanzamtes vom 10.08.2018 abgeschlossen. Dieser enthielt in Bezug auf den Kläger und dessen Bruder unter dem Abschnitt „Hintergrund der Prüfung“ den Satz:

„Beide Brüder sind als Insolvenz erfahren einzustufen und scheuen sich auch nicht, in ihren Verfahren mit Argumenten aus der „Reichsbürgerszene“ aufzuwarten bzw. dies über ihre Prozessbevollmächtigten vortragen zu lassen.“

Diesbezüglich beantragte der Kläger beim Finanzamt, diesem Auskunft über die beim Finanzamt gespeicherten Daten zu geben. Das Finanzamt lehnte die Auskunftserteilung ab, da der Anwendungsbereich der DS-GVO nicht eröffnet sei. Hiergegen richtete sich die Klage des Klägers. Das Finanzgericht verwies den Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht und ließ die Beschwerde zu, die der Kläger danach zum BFH einlegte.

Der BFH führt in seinem Beschluss u.a. aus:

Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DS-GVO findet die DS-GVO keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit.

Das FA ist gemäß § 1 Nr. 25 der baden-württembergischen Finanzämter-Zuständigkeitsverordnung vom 30.11.2004 (Gesetzblatt 2004, 865) im Rahmen seiner Zuständigkeit u.a. für die Aufgaben der Steuerfahndung nach § 208 AO für das FA A tätig geworden, und zwar im konkreten Fall nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO („die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten“). Diese Tätigkeit gehört zu den Aufgaben i.S. des Art. 2 Abs. 2 Buchst. d DS-GVO. Datenschutzrechtliche Begehren gegen das FA im Zusammenhang mit einer solchen Tätigkeit können in der DS-GVO daher keine Grundlage haben.