Überblick über Änderungen in Filesharing-Fällen durch das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“

Am 08.10.2013 ist im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 2013, S. 3714 ff.) das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken verkündet worden. Dieses Gesetz regelt verschiedene Bereiche unseriöser geschäftlicher Tätigkeiten. Unter anderem werden Inkasso-Dienstleistungen, Werbung mittels Telefonanrufen und die Abmahnungen von Urheberrechtsverstößen (insbesondere durch sog. Tauschbörsen) teilweise neu geregelt. Die nachfolgenden Ausführungen beleuchten die Änderungen der urheberrechtlichen Vorschriften.

Mit Wirkung vom 09.10.2013 wird die Vorschrift des § 97 a des Urheberrechtsgesetzes neu gefasst. Nach Absatz 2 Satz 1 der geänderten Vorschrift muss die Abmahnung Name und Firma des Verletzten angeben, die Rechtsverletzung genau bezeichnen, geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufschlüsseln und soweit im Rahmen der Abmahnung eine Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung gefordert wird, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass es bezüglich der letzten Voraussetzung zu häufigen Streitigkeiten  kommen wird, zumal das Gesetz in Absatz 2 Satz 2 anordnet, dass Abmahnungen, die nicht den Anforderungen des Absatzes 2 Satz 1 entsprechen, unwirksam sind.

Eine weitere Änderung betrifft die Höhe der künftig zu fordernden anwaltlichen Gebühren (§ 97 a Abs. 3). Künftig gilt ein Gegenstandswert von 1.000,00 Euro für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch, wenn der Abgemahnte zum einen eine natürliche Person ist, die geschützte Werke nicht für gewerbliche oder selbständige berufliche Zwecke verwendet und zum anderen nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist. Dieser Wert soll auch gelten, wenn ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden. Der Wert gilt nicht, wenn er nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.

Wird dadurch der Gegenstandswert von 1.000,00 Euro und damit Abmahnkosten von 147,56 Euro inklusive Mehrwertsteuer zum Regelfall für künftige Abmahnungen?

Ich halte dies für unwahrscheinlich.

Erstens betrifft der Gegenstandswert von 1.000,00 Euro nach dem neuen Gesetz nur Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche. Zum einen sind die Ermittlungskosten damit nicht erfasst, zum anderen ist auch die Position Schadensersatz damit zunächst außen vor und wird zu weiteren Berechnungen seitens der Abmahnkanzleien führen. Zweitens wird der künftige Trend zur „Zweitabmahnung“ durch denselben Rechteinhaber gehen. Die Abmahnkanzleien werden mit aller Macht versuchen, einen zweiten abmahnfähigen Verstoß gegen den gleichen Anschlussinhaber zu generieren, um die oben angesprochene zweite Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Gegenstandswertes von 1.000,00 Euro („nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist“) auszuhebeln. Das könnte z.B. dadurch erreicht werden, dass Verstöße gesammelt werden und zunächst eine kostengünstige Abmahnung abgesetzt wird, der schließlich eine „teure“ folgt. Schließlich werden die Abmahnkanzleien in vielen Fällen die Ausnahmeregelung für sich beanspruchen und vortragen, dass der Wert von 1.000,00 Euro aufgrund der besonderen Umstände des Falles unbillig ist.

Eine wichtige Änderung hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit enthält künftig § 104 a Urheberrechtsgesetz. Für Klagen wegen Urheberrechtsstreitigkeiten gegen eine natürliche Person, die geschützte Werke nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist künftig das Gericht des Wohnsitzes des Abgemahnten ausschließlich zuständig. Der sog. „fliegende“ Gerichtsstand in Tauschbörsenfällen, d.h. die Tatsache, dass Klage vor jedem deutschen Gericht erhoben werden konnte, dürfte damit für die meisten der Tauschbörsenfälle der Vergangenheit angehören.

Die Abmahnungen aufgrund sog. Tauschbörsenfällen werden weitergehen. Wie die neuen Regelungen letztlich auszulegen sind, wird die Rechtsprechung nach und nach erarbeiten. Bis dahin bietet die Neuregelung des Gesetzes weiteren Streitstoff in den Auseinandersetzungen von Abgemahnten und Rechteinhabern/Abmahnkanzleien.

LG Mönchengladbach: Kein Anspruch gegen Google wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Link in der Trefferliste

In der Trefferliste von Google zur Suche mit dem Namen des Klägers fand man einen Link, bei dessen Aufruf ein Eintrag erschien, dessen Überschrift lautet: „……als Teil des bundesdeutschen Stasi-Netzwerks“. Der Text verhält sich darüber, dass der Kläger seit 1994 Leiter einer Forschungsstelle für Rechtsextremismus gewesen sei, womit man den Bock zum Gärtner gemacht habe. Weiter enthält der Artikel den Absatz: „…… ist inzwischen als Leiter dieser ‚Forschungsstelle‘ abgesetzt. Mag sein, dass die Fachhochschule die Notbremse gezogen hat, damit der Ruf dieser Einrichtung durch Personen wie …… nicht Schaden nimmt.“

Der Kläger nahm Google wegen der in diesen Passagen enthaltenen  Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf Unterlassung in Anspruch.

Das LG Mönchengladbach wies die Klage ab (Anerkenntnisurteil vom 05.09.2013, Az.: 10 O 170/12 = http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/mgladbach/lg_moenchengladbach/j2013/10_O_170_12_Anerkenntnisurteil_20130905.html). Das Gericht begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

„Die beanstandete Persönlichkeitsrechtsverletzung ist nicht durch die Beklagte erfolgt. Sie ist damit nicht Störerin und deshalb auch nicht zur Unterlassung verpflichtet. Störer ist nur, wer in zurechenbarer Weise durch sein Verhalten eine Ursache für die Rechtsverletzung setzt. Dies hat die Beklagte nicht getan. Sie hat unstreitig den beanstandeten Text nicht verfasst. Ebenso unstreitig befindet er sich nicht auf einem von ihr betriebenem Internetdienst. Insbesondere ist sie nicht Hostprovider des Blogs, in dessen Rahmen der Text verbreitet wurde (so aber in BGH VI ZR 93/10- zit. nach Juris). Die Beklagte beschränkt sich vielmehr auf das reine Bereitstellen von Suchergebnissen aufgrund eines technisch-mathematischen Vorgangs. Damit verbreitet sie keine Äußerungen, sondern listet nur das auf, was im Internet an anderer Stelle in Bezug auf den Kläger zu finden ist. Eine eigene Bewertung nimmt sie hier auch nicht im Rahmen der Suchwortergänzungsfunktion vor, bei der ein von ihr geschaffenes Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und dem Benutzer bei Eingabe bestimmter Worte oder Namen Vorschläge unterbreitet werden (dazu BGH VI ZR 269/12 – zit nach Juris). Der Kläger trägt vielmehr nichts dazu vor, dass bei Eingabe seines Namens eine Verknüpfung mit einer der beanstandeten Äußerungen stattfindet. Die beanstandeten Äußerungen finden sich nicht einmal in den sog. „Snippets“, d.h. in den unter dem Titel der URL auf der Suchergebnisseite ausgewiesenen der konkreten URL entnommenen Textschnipseln (vgl. dazu Hanseatisches OLG -3 U 67/11 – zit. nach Juris). Diese lauten vielmehr ausweislich des vom Kläger vorgelegten Screenshots (Bl. 7 d.A.) nur……“. Weder die Verknüpfung mit einem Stasi-Netzwerk noch die Angaben zur Beendigung seiner Tätigkeit bei der Fachhochschule finden sich also in diesen „Snippets“. Die Beklagte stellt vielmehr ohne jede eigene redaktionelle Bewertung nur das Suchergebnis als eines unter mehreren bereit. Eine zurechenbare Mitwirkung an der Ehrverletzung des Autors oder des Hostproviders als unmittelbaren Störern liegt darin nicht.“