Bring Your Own Device (BYOD) in der Justiz

Von Mittwoch, den 25.09., bis Freitag, den 27.09.2013, fand in Saarbrücken der 22. Deutsche EDV-Gerichtstag statt. Mehr als 600 Juristen aus ganz Deutschland und dem Gastland Niederlande diskutierten während der Tagung aktuelle Fragen des elektronischen Rechtsverkehrs sowie IT-rechtliche Fragen mit Bezug zur Justiz.

Am Freitag, den 27.09.2013, moderierte ich den Arbeitskreis „Bring Your Own Device (BYOD) in der Justiz“, d.h. das Mitführen eigener elektronischer Endgeräte. Ich hatte im Vorfeld die Idee zur Behandlung dieses Themas und übernahm daher auch sehr gerne die Moderation der Veranstaltung. Eingeladen hatte ich als Referenten zum einen Herrn Andreas Herberger, Vorstandsvorsitzender der Makrolog Content Management AG, zum anderen Herrn Michael Otter, Referent im Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie Herrn Professor Dr. Georg Borges, Professor u.a. für IT-Recht an der Ruhr-Universität Bochum.

In der Anmoderation wies ich auf die Ungenauigkeit in der wörtlichen Übersetzung von BYOD hin, da die wörtliche Übersetzung des „Mitbringens“ außer Acht lässt, dass es eigentlich um Fragen des „Connect Your Own Device“ bzw. des „Use Your Own Device“ geht.

Zu Beginn referierte Herr Herberger über technische Aspekte von BYOD und zeigte u.a. ein paar interessante Zahlen über die Durchdringung des Marktes insbesondere  mit Smartphones. Herr Herberger kam daneben auf technische Fragen wie z.B. Netzanbindung, Device-Management und Datensicherheit zu sprechen.

Herr Michael Otter stellte seinen Vortrag unter die provozierende fragende Überschrift „Bring Your Own Disaster?“ und verwies auf massive Probleme im Bereich der Informationssicherheit. Es sei zu beachten, dass BYOD Einfallstor für massive Angriffe von außen auf die Netze der Justiz werden könnte. Er kam dabei insbesondere auf die Probleme von Vireneinschleusung und Schadcode zu sprechen. Er zeigte jedoch auch Möglichkeiten auf, wie ein BYOD-Management und verschiedene Sicherheits-Strategien zu einem (noch) aus informationssicherheitstechnischer Sicht hinnehmbaren Einsatz von BYOD führen könnten. Dennoch sieht Herr Otter den Einsatz von BYOD aus sicherheitstechnischer Sicht eher kritisch.

Herr Professor Dr. Borges kam auf die rechtlichen Fragen von BYOD zu sprechen. Dabei machte er deutlich, dass vielfältige rechtliche Probleme angesprochen seien, die nur kurz behandelt werden könnten, mit denen man in ihrer Fülle jedoch eine gesamte eigene Tagung bestreiten könnte. Er nannte als betroffene Rechtsgebiete beispielhaft das Arbeits- und Dienstrecht, das Urheber- und Lizenzrecht sowie das Datenschutz- und Datensicherheitsrecht. Nach einem kurzen Überblick über die dienstrechtlichen Bestimmungen widmete sich Prof. Borges vor allem dem besonders wichtigen Problem des Datenschutzes und der Datensicherheit. Im Rahmen der Datensicherheit sei § 9 BDSG als Zentralnorm zu beachten. Prof. Borges wies auf das Zusammenspiel der dienstrechtlichen Regelungen mit den datenschutzrechtlichen Regelungen hin. Verschiedene Teilregelungen des Dienstrechtes seien nur rudimentär. Die Regelung des § 7 DA DS Nordrhein-Westfalen wurde beispielhaft besprochen. Herr Prof. Borges nutzte dies als Überleitung in die Diskussion mit den anwesenden Teilnehmern des EDV-Gerichtstages. Prof. Dr. Borges, der im zweiten Hauptamt selbst Richter am Oberlandesgericht in Hamm ist, vertrat seine persönliche Auffassung, dass seiner Einschätzung nach viele Richter gerne mit eigenen Endgeräten arbeiten würden und daher eine pragmatische, aber zugleich möglichst sichere Lösung für den Einsatz eigener Endgeräte der Richter gefunden werden solle. Diese Einschätzung wurde von den Anwesenden, zumindest wenn man die Diskussionsbeiträge zugrunde legt, geteilt.

Das Thema BYOD wurde im Rahmen der Veranstaltung sicherlich nicht ausdiskutiert, jedoch handelt es sich bei BYOD um ein Zukunftsthema in der Justiz, das möglicherweise auch den EDV-Gerichtstag weiter begleiten wird.

AG Köln: kein fliegender Gerichtsstand in Tauschbörsen-Fällen

Das AG Köln hat in einem Beschluss vom 01.08.2013, Az.: 137 C 99/13, http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ag_koeln/j2013/137_C_99_13_Beschluss_20130801.html, die örtliche Zuständigkeit des AG Köln in einem sog. Tauschbörsenfall verneint und damit festgestellt, dass die örtliche Zuständigkeit in derartigen Fällen nicht überall begründet ist.

Das Gericht formuliert insoweit:

„Dass der Beklagte die unerlaubte Handlung in seinem Bezirk beging, ist nicht dargelegt. Dass er bei seinem Handeln das Ziel verfolgte, dass eine von ihm im Netz zum Herunterladen zur Verfügung gestellte Datei auch hier herunter geladen wird, behauptet sie zwar, tritt hierfür, d.h. für die innere Tatsache der Zielrichtung, nicht Beweis an und will dies nach dem Eindruck des Gerichts auch nicht, sondern verlegt sich darauf, die Zielrichtung des Beklagten aus seinem Handeln abzuleiten.“

Ein bedingter Vorsatz bezüglich der Herunterlademöglichkeit am angerufenen Gerichtsort reicht nach der Begründung des Gerichts nicht aus.

„Allerdings wäre dem Beklagten, hätte er die vorgeworfene Handlung begangen, wohl kaum unbekannt gewesen, dass die daraus folgende Herunterlademöglichkeit – auch – im Bezirk des angerufenen Gerichts bestehen würde. Das wäre dann von ihm auch billigend in Kauf genommen worden. Ein solcher bedingter Vorsatz reicht aber nicht aus für die Annahme, dass die hiesige Herunterlademöglichkeit seiner Bestimmung entsprach. Erforderlich dafür ist vielmehr Absicht im engeren Sinne, d.h. es hätte ihm darauf ankommen müssen, dass hier herunter geladen werden kann.“

Das Gericht postuliert vielmehr, dass für die Annahme der Zuständigkeit eine Beziehung zum Ort des angerufenen Gerichts bestehen muss.

„Ein anderes Verständnis von dem, was bestimmungsgemäß ist, führt zu beziehungsarmen Gerichtsständen, die zu vermeiden sind, weil sie Sinn und Zweck von § 32 ZPO nicht gerecht werden (vgl. BGH MDR 2011,812; MDR 2010,744). Dieser geht dahin, dass das Gericht eine gewisse Sachnähe haben soll, etwa weil typischer Weise im gleichen Großraum Zeugen ansässig sind oder eine Ortsbesichtigung stattzufinden hat. Reicht es für die Bestimmungsgemäßheit dagegen aus, dass die Herunterlademöglichkeit lediglich billigend in Kauf genommen wird, besteht ein ubiquitärer Gerichtsstand, d.h. es können Gerichte angerufen werden, die keinerlei näheren Sachbezug haben als andere. Dieser ist abzulehnen (vgl. Zöller – Vollkommer, 29. Auflage, § 32 Rn. 17, Stichwort „Internetdelikte“ mwN).“

Die Entscheidung des AG Köln ist zu begrüßen. Setzt sich diese Auffassung durch, wird es den Rechteinhabern in Filesharing-Fällen erschwert, Verfahren vor Gerichten anhängig zu machen, bei denen eine ihnen günstige Entscheidung zu erwarten ist.

LG Siegen: keine Impressumspflicht für Anbieter von Kreuzfahrtausflügen mit Sitz in Ägypten

Das LG Siegen (Urteil vom 09.07.2013, Az.: 2 O 36/13, Link: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/siegen/lg_siegen/j2013/2_O_36_13_Urteil_20130709.html) hatte zu entscheiden, ob ein Diensteanbieter, der seinen Sitz in Ägypten hat und von dort aus, bestellbar über das Internet (auch in deutscher Sprache), Kreuzfahrtausflüge in Ägypten anbietet, verpflichtet ist, die Verbraucherinformationsvorschriften des § 5 TMG einzuhalten.

Der Diensteanbieter mit Sitz in Ägypten bot über die Plattform www.kreuzfahrtausfluege.com  in deutscher Sprache Ausflüge für Kreuzfahrtteilnehmer in Ägypten an. Er hielt kein vollständiges Impressum vor und wurde daher abgemahnt.

Das Gericht entschied:

„Das in § 3 TMG manifestierte Herkunftslandprinzip gilt zwar nicht für Anbieter aus Drittstaaten (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 71). Dies führt aber nicht automatisch zur Anwendbarkeit des TMG. Das anwendbare Recht richtet sich in diesem Fall vielmehr nach den Regeln des internationalen Privatrechts (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 71). Insoweit ist entscheidend, dass das Vertragsstatut im Falle des Vertragsschlusses eines deutschen Verbrauchers mit einem Diensteanbieter, der seinen Sitz in Ägypten hat und Ausflüge für Touristen von Kreuzfahrten in Ägypten über das Internet anbietet, gem. Art. 29 Abs. 4 EGBGB i. V. m. § 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB bzw. Art. 6 Abs. 4 lit. a) i. V. m. Art. 4 Abs. 1 lit. a) Rom-I-VO ägyptischem Recht unterfällt. Denn nach Art. 29 Abs. 4 EGBGB bzw. Art. 6 Abs. 4 lit. a) Rom-I-VO sind die Art. 29 Abs. 1 bis 3 bzw. Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Rom-I-VO auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen nicht anwendbar, wenn die dem Verbraucher geschuldeten Dienstleistungen ausschließlich in einem anderen als dem Staat erbracht werden müssen, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Dienstleistung der Organisation und Durchführung des Ausfluges wird ausschließlich im Reiseland erbracht und stellt auch keine Reise i. S. d. § 29 Abs. 4 S. 2 EGBGB dar. Unterfällt mithin der gewünschte Vertragsabschluss des deutschen Verbrauchers ägyptischem Recht, gilt bezüglich der insoweit geforderten Verbraucherinformationsvorschriften nichts anderes.“

Dies bedeutet im Ergebnis, dass vorliegend nach Ansicht des Gerichts entscheidend ist, dass die Dienstleistung in Ägypten durchgeführt wird, nicht, dass die Dienstleistung auch im deutschen Raum angeboten wird.