R.I.P. Michael Krebs

Michael Krebs ist am 12.06.2025 verstorben. Michael hatte ich im Gymnasium in Sulzbach in der 5. Klasse kennengelernt und seitdem waren wir befreundet. Es war eine der wenigen Freundschaften, die seit dieser Zeit hielt. Michael war immer geradeaus, immer klar in seinen Haltungen und Einstellungen, bisweilen kam er daher unbequem rüber. In seinem Beruf als Betriebswirtschaftler und Marketing-Fachmann war Michael sehr akribisch und immer auf der Höhe der aktuellsten Entwicklungen, zum Teil war er vielleicht sogar zu akribisch für manche seiner Kunden. Seine großen Hobbies waren Reisen und Kurzurlaube mit seiner Frau Astrid, seine Hunde, die Musik, wobei er hier sehr vielfältig interessiert und aufgestellt war und im Fußball seine Liebe VfB Borussia Neunkirchen. Es hatte ihm als Borusse durch und durch sehr, sehr weh getan, dass seine Vorstandsarbeit für diesen Verein, die dazu mitgeholfen hatte den Verein in einer ganz schwierigen Phase überhaupt am Leben zu halten, nicht gewürdigt wurde, sondern ihm im Nachhinein noch erhebliche Vorwürfe gemacht wurden. Er hatte danach kaum noch Spiele der ersten Mannschaft besucht, was für Michael eigentlich ein Unding war. Obwohl Michael selbst kein Fußballer war, kannte er insbesondere die saarländische Fußballszene sehr gut und war gut vernetzt. Für den Verein DJK Neuweiler, bei dem ich Vorsitzender bin, war er einige Jahre beratend tätig und hat sehr gute und bis heute wirkende Impulse gegeben, so ist z.B. das neue Wappen und Logo der DJK Neuweiler seine Idee gewesen. Unsere letzte gemeinsame Unternehmung war der Besuch des Konzerts von Nathan East mit Band in Baden-Baden im Jahr 2023, in den letzten Wochen hatte ich leider aufgrund meiner beruflichen Veränderung und der damit einhergehenden Startschwierigkeiten und Mehrarbeit nur noch ganz wenig Kontakt, was mir sehr leidtut.Von der Todesnachricht war ich trotz Kenntnis seiner Krankheit sehr überrascht, da Michael bei einem letzten gemeinsamen Essen in seiner Wohnung einen ganz normalen Eindruck machte, Astrid aber darauf verwies, dass er heute eben einen sehr guten Tag habe. Mit Michael verband mich eine Freundschaft, die einfach immer da war seit dem Jahr 1971, ohne dass man dies ständig betonen musste, sich ständig sah und ständig Kontakt hatte. R.I.P. mein lieber Freund Michael! Dir liebe Astrid wünsche ich herzliches Beileid und viel Kraft!

„low fares – high care“ und dann??

Ryanair wirbt mit dem Slogan „low fares – high care“, sinngemäß „niedrige Tarife – hohe Sorgfalt / Betreuung“.

Die niedrigen Tarife muss man allerdings einordnen. Der erste Tarif ist zunächst der für den Flug. Dazu muss man aber wissen, dass dies nur und wirklich nur den Flug betrifft. Alles weitere kommt hinzu. Das heißt: Sitzplatz, Reservierung, Gepäck, alles dies sind weitere Tarife d.h. „fares“. Es kommt dazu, dass die Nutzung der Ryanair-App quasi zwingend ist, sonst kommt man praktisch nicht weit. In meinem Fall konnte ich meine E-Mail-Adresse dort aber nicht registrieren, aus technischen Gründen, wie mich die App wissen ließ. Ein freundlicher Mitarbeiter hat mein Flugticket dann auf einem Smartphone mit der App generiert und ich habe es dort abfotografiert – herrlich! Sonst hätte ich tatsächlich gar nicht fliegen können. Smiley!!

Ich prüfe derzeit, ob die Preisgestaltung mit dem EU-Preisangabenrecht vereinbar ist. Ich gehe davon aus „ja“, will mir aber die Rechtsgrundlagen doch selbst mal ansehen. Die Prüfung, wie das Abfotografieren einzuordnen ist, spare ich mir für den nächsten oder übernächsten Beitrag auf.

Ich war letzte Woche auch ein „dear customer“, also mein erster Eindruck: mit Ryanair und Deutsche Bahn, da könnte was gehen…

P.S.: Vergessen hatte ich noch: kurz vor dem „Boarding“ hieß es, dass ich nicht mitfliegen könne, da man die Maschine „downgegraded“ hätte und daher weniger Plätze zur Verfügung stünden. Da ich der letzte gewesen sei (ob der Umstände siehe oben), der eingecheckt habe, müsse ich „draußenbleiben“. Dann kamen plötzlich noch zwei weitere Fluggäste und es wurde richtig grotesk. Denn es hieß dann plötzlich, wir haben 2 Plätze und 3 Kandidaten. Ich schlug dann spontan vor (ich konnte vor Lachen kaum noch sprechen) wir könnten ja „die Reise nach Jerusalem“ spielen. Einer der anderen Gäste fand das auch lustig. Schließlich gingen wir zu dritt den Weg ins Flugzeug. Dort angekommen, ging ich zu meinem Platz und, siehe da, es waren drei Plätze frei, die Stewardess sagte noch, ich könne mich ja dann quer hinlegen. … Was habe ich mich gefreut…..(P.P.S.: alles die reine Wahrheit, ich schwöre es).

Garantieverlängerungen – was ist aus Verbrauchersicht davon zu halten?

Einige Märkte bieten aktuell insbesondere für Elektrogeräte sog. Garantieverlängerungen an, bei denen eine Garantie für drei oder mehr Jahre angeboten wird und preislich gestaffelt nach dem Kaufpreis des Produkts gewährt wird.

Was ist aus Verbrauchersicht davon zu halten?

Ausgangspunkt ist, dass für Verbraucher bei neuen Waren zwar immer eine zweijährige Gewährleistungsfrist gilt, dass aber die wichtige Vorschrift des § 477 BGB nur für 1 Jahr ab Übergabe der Kaufsache gilt.

Was bedeutet dies im Einzelnen?

§ 477 BGB ordnet an, dass bei einem Kauf durch einen Verbraucher während eines Jahres nach der Übergabe der Kaufsache vermutet wird, dass ein sich zeigender Mangel des Produkts bei der Übergabe der Kaufsache bereits vorhanden war oder nachweislich bereits so im Produkt angelegt war, dass der Mangel sich quasi zeigen musste. Dies stellt für den Kunden eine Beweiserleichterung dar, denn normalerweise muss der Kunde den Mangel beweisen (sog. Beweislast).

Andererseits bedeutet dies, dass für den Fall, dass sich der Mangel erst nach der maßgebenden Zeitspanne zeigt, der Käufer den Nachweis führen muss, dass der Mangel schon bei der Übergabe vorlag, denn das ist der rechtlich relevante Zeitpunkt. Dieser Beweis kann, wenn überhaupt, nur durch ein Sachverständigengutachten geführt werden, was aber in der Mehrzahl der Fälle nicht gelingt, so dass dann nach Beweislastgrundsätzen zu entscheiden ist und der Verbraucher wegen der ihm obliegenden Beweislast im Regelfall das Nachsehen hat.

Aus diesem Blickwinkel kann eine Garantieverlängerung dann Sinn machen, wenn der Käufer für sich diese Vorteile angesichts des gekauften Produkts und angesichts des zu zahlenden Preises für die Versicherung abwägt. Zu beachten sind immer auch die Bedingungen der Versicherung, denn hier gibt es verschiedene Modelle. Auch sind die Leistungen teilweise für die einzelnen Jahre unterschiedlich, z.B. gilt meist für das letzte Garantiejahr im Garantiefall eine Erstattung des Kaufpreises und kein Austausch des Produktes.

RVG-Anpassung zum 01.06.2025

Das „Gesetz zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung und zur Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern sowie zur Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und des Justizkostenrechts (Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz 2025 – KostBRÄG 2025)“ wurde am 7. April 2025 im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2025 I Nr. 109 vom 10.04.2025) verkündet.

In seinem Artikel 11 ändert das Gesetz das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, welches die Grundlage der Berechnung der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren darstellt. Nach Artikel 13 Absatz 3 des Gesetzes tritt die Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes am 01.06.2025 in Kraft.

Mit dem Gesetz werden zudem u.a. das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz, das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, das Gerichtskostengesetz, das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen, das Gerichts- und Notarkostengesetz, das Gerichtsvollzieherkostengesetz, das Justizverwaltungskostengesetz und das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz geändert. Die Inkrafttretensdaten dieser Gesetze ergeben sich aus Artikel 13 des Gesetzes.

Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung ab dem 1. April 2025

Am 1. April 2025 tritt die 6. Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung in Kraft. Mit der Verordnung werden drei neue Krankheiten in die Berufskrankheitenliste aufgenommen, nämlich eine Schädigung der Rotatorenmanschette der Schulter durch eine langjährige und intensive Belastung, eine Gonarthrose bei professionellen Fußballspielerinnen und Fußballspielern und eine chronische obstruktive Bronchitis einschließlich Emphysem durch langjährige Einwirkung von Quarzstaub.

Schädigung der Rotatorenmanschette der Schulter

Hiervon können Personen betroffen sein, die in der Textilindustrie, auf Schweiß-, Schleif- und Montagearbeitsplätzen, in der Fischverarbeitung sowie auf Schlachthofarbeitsplätzen und in der Forst- und Bauindustrie tätig sind. Eine Schädigung der Rotatorenmanschette der Schulter kann durch folgende langjährige und intensive Einwirkungen verursacht werden:

Arbeiten mit den Händen auf Schulterniveau oder darüber,
häufig wiederholte Bewegungsabläufe des Oberarms im Schultergelenk,
Arbeiten, die eine Kraftanwendung im Schulterbereich erfordern, insbesondere das Heben von Lasten,
Hand-Arm-Schwingungen.

Gonarthrose bei professionellen Fußballspielerinnen und Fußballspielern

Betroffen sein können Personen, die mindestens eine 13-jährige Tätigkeit als professionelle Fußballspielerin oder Fußballspieler absolviert haben, davon mindestens zehn Jahre in einer der drei obersten Fußballligen bei Männern oder einer der beiden obersten Fußballligen bei Frauen. Ebenfalls mitberücksichtigt wird, wenn im Alter von 16 bis 19 Jahren eine versicherte Tätigkeit in einer niedrigeren Fußballliga als in den drei obersten Fußballligen bei Männern beziehungsweise den beiden obersten Fußballligen bei Frauen ausgeübt wurde.

Chronische obstruktive Bronchitis einschließlich Emphysem durch langjährige Einwirkung von Quarzstaub

Betroffene Personen sind insbesondere Erzbergleute (einschließlich Uranerzbergbau) sowie Versicherte im Tunnelbau, Gußputz, Sandstrahlen, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrie und Personen, die bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -verarbeitung oder in grob- und feinkeramischen Betrieben sowie in Dentallabors beschäftigt sind.

Die neuen Berufskrankheiten folgen den Empfehlungen des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Zudem wird in der Verordnung die Bedeutung der Ergebnisdokumente des ÄSVB (wissenschaftliche Empfehlungen, wissenschaftliche Stellungnahmen und Abschlussvermerke) präzisiert. Diese enthalten wichtige Informationen der medizinischen Wissenschaft dazu, wie die Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Berufskrankheit grundsätzlich und in den jeweiligen Einzelfällen zu verstehen sind. Die Prüfung des Vorliegens einer Berufskrankheit im vom Verordnungsgeber beabsichtigten Sinne erfordert daher die Anwendung der Ergebnisdokumente des Sachverständigenbeirates. Mit dieser Regelung wird die bislang gelebte Praxis gesetzlich klargestellt und die insoweit bestehende Regelungslücke geschlossen.

Hinweis an Reisende nach Großbritannien

Ab dem 2. April 2025 ist für die Einreise nach Großbritannien neben dem Reisepass eine sog. ETA-Registrierung erforderlich, diese kann nur dann entfallen, wenn ein Flughafen in Großbritannien lediglich für den Umstieg genutzt wird. Die Registrierung erfolgt für jeden Reisenden getrennt, sollte aber nur über die offizielle Seite der Regierung (Hinweise gibt es hier: https://www.gov.uk/guidance/apply-for-an-electronic-travel-authorisation-eta) vorgenommen werden, am einfachsten über die unter dem Link erwähnte App. Die Kosten der Registrierung liegen bei derzeit ca. 12 Euro, sollen in Kürze auf ca. 16 Euro angehoben werden.

Es gibt mittlerweile bereits kommerzielle Anbieter, welche die ETA-Registrierung übernehmen, dann aber weitaus höhere Kosten in Rechnung stellen. Es können auch Reisebüros beauftragt werden, auch hier werden voraussichtlich aber Mehrkosten entstehen.

Für Kanada gelten ähnliche Einreise-Regelungen. Auch hier sollte die offizielle Seite der kanadischen Regierung besucht werden.

Hinweise für Webseiten-Ersteller

Am 14.05.2024 ist das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) in Kraft getreten. Es löst das Telemediengesetz ab. In § 5 DDG sind die allgemeinen Informationspflichten für Diensteanbieter geregelt. Diese entsprechen weitgehend den Regelungen des früheren § 5 TMG.

Die Europäische Plattform für Online-Streitbeilegung wird nach der Annahme der Verordnung (EU) 2024/3228 zum 20. Juli 2025 eingestellt. Der letzte Termin für die Einreichung neuer Beschwerden über die bisherige OS-Plattform ist der 20. März 2025. Verbraucher können die Plattform noch bis zum 19. Juli 2025 für Beschwerden nutzen, die bis zum 20. März 2025 allerdings eingereicht sein müssen.

Frankfurter IT-Rechtstag 2024

Der mittlerweile 13. Frankfurter IT-Rechtstag fand von Freitag 15.11.2024, 13.00 Uhr bis 19.00 Uhr, und von Samstag 16.11.2024, 09.00 Uhr bis 15.00 Uhr, als eine sog. Hybrid-Veranstaltung, d.h. sowohl als Präsenzveranstaltung in Frankfurt a.M. als auch als Online-Veranstaltung per Stream statt.

Programm Freitag 15.11.2024:
13:00 Begrüßung durch Dr. Thomas Lapp und Stephan Schmidt
13:15 KI und Haftung: Wer haftet für Fehler Künstlicher Intelligenz? Wesentliche Elemente des Richtlinienvorschlags über KI-Haftung – Anja Wyrobek, Referentin im Europäischen Parlament für MdEP Birgit Sippel
14:15 Künstliche Intelligenz: Ein Kreislauf von Daten, Datenschutz und Sicherheit? – Prof. Dr. Kristian Kersting, TU Darmstadt
15:15 Pause
15:45 Algorithmen in der Rechtsanwendung – Prof. Dr. Roland Broemel, Goethe-Universität Frankfurt
16:45 Rechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI im Unternehmen – Dr. Antonia von Appen
17:45 Pause
18:00 Der Einfluss technologischer Fortschritte auf die Cybersicherheitslandschaft – Prof. Dr. Haya Schulmann, Goethe-Universität Frankfurt
19:00 Ende

Programm Samstag 16.11.2024:
9:00 Model Multiplicity – Emma Kiem, Legal Tech Lab Frankfurt am Main
10:00 Der Data Act: Das neue EU-Datenrecht – Dr. Michelle Weber
11:00 Pause
11:15 IT- und Datenschutzrecht im Gesundheitswesen, aktuelle Entwicklungen – Charlotte Guckenmus, LL.M., Frankfurt a.M.
12:15 Mittagspause
12:45 Digitale Beweismittel – bis hin zu Deep Fakes – Prof. Dr. Christian Gomille, Universität des Saarlandes, Richter am Saarländischen Oberlandesgericht
13:45 Pause
14:00 Kauf und Miete von Standardsoftware – aktuelle Rechtsfragen – Dr. Thomas Lapp, IT-Kanzlei dr-lapp.de GbR, Frankfurt am Main
15:00 Ende

Besonders interessant waren aus meiner Sicht die Vorträge über die Haftung für Fehler der Künstlichen Intelligenz, über IT- und Datenschutzrecht im Gesundheitswesen und über die Digitalen Beweismittel. Im Rahmen des Vortrages zur KI wurde bewusst, dass man hier auf EU-Ebene noch in einer Art „Findungsphase“ steckt, wo verschiedene Lösungsmöglichkeiten durchaus auch noch offen diskutiert werden können. Im Vortrag über IT- und Datenschutzrecht im Gesundheitswesen wurde deutlich, wie viele IT-rechtlich relevante Regelungen sich sozusagen vor allem im SGB V „verstecken“. Der Beitrag zu den Digitalen Beweismitteln hatte als Aufhänger den tragischen Fall eines tödlichen Verkehrsunfalls in den USA mit einem autonom fahrenden Fahrzeug, über welches der Verantwortliche Elon Musk in einem YouTube Video sinngemäß gesagt haben soll, dass ein Unfall nahezu ausgeschlossen sei. Im Prozess war dann von den Anwälten Musks die Echtheit des Videos angezweifelt worden. Der Fall wurde von Prof. Gomille ins Deutsche Recht übertragen und besprochen, mit sehr vielen äußerst interessanten Folgefragen. Insgesamt war es wieder ein sehr gelungener IT-Rechtstag, vielen Dank vor allem an den Kollegen Dr. Thomas Lapp (Frankfurt a.M.) für die Erinnerung an den Termin!

OLG Frankfurt: zur Haftung des Hostproviders

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 13.06.2024, 16 U 195/22, https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE240000784 entschieden, dass die Haftung des Hostproviders für rechtsverletzende Inhalte eine konkrete Verdachtsmeldung voraussetzt. Ein Plattformbetreiber hafte für rechtsverletzende Inhalte (hier: Beanstandungen eines Antisemitismusbeauftragten) von Nutzern der Plattform nur, wenn die Beanstandungen eines Betroffenen – die richtig oder falsch sein können – so konkret gefasst seien, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden könne.

Das OLG hat dies für die nachfolgend wiedergegebenen Äußerungen (siehe unten „Zitate“) verneint und damit eine Haftung des Hostproviders ausgeschlossen. Das Landgericht Frankfurt (Urteil vom 14.12.2022, 2-03 O 325/22) war noch anderer Ansicht gewesen. Der Streitwert wurde auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

Zitate:

„1. „Hat der antisemitische Bürokrat C @(…) eine Nähe zur Pädophilie, weil C Kontakt mit einer ‚möglicherweise minderjährigen Asiatin‘ aufgenommen hat?“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 6 des Nutzers @A vom XX.XX.2022 um 18:36 Uhr ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)

2. „C @(…) war auf der Suche nach ‚einer minderjährigen Asiatin‘“,

„Duldet @(…) Cs sexuelles Fehlverhalten? Duldet Cs Frau D (…) sein sexuelles Fehlverhalten?.“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 4 von @A vom XX.XX.2022 um 21:34 Uhr ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)

3. „Kollegen von Cs Frau D sagen, dass C @(…) einen Seitensprung gemacht hat. Seitensprung war mit E“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 3 von @A vom XX.XX.2022 um 21:34 ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)

4. „Ich bekomme auch die ‚persönlichen Daten‘ von dem Pack der Antisemiten um @(…) C“,

„Ich kann die Namen der Antisemiten wie @(…) in meinem Artikel über Antisemitismus nennen“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 1 von @A vom XX.XX.2022 um 19:24 Uhr ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)

5. „Das ist gut für mich und für dich als Antisemit und für das Pack von Antisemiten um @(…)“,

wenn dies geschieht wie in dem Beitrag 2 von @A vom XX.XX.2022 um 19:30 Uhr ersichtlich:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Abbildung wird abgesehen - die Red.)“

Eigener Kommentar:

Bei der Auslegung lässt das OLG die Intention der zeitlich nach dem hier gegenständlichen Vorfall ergangenen EU-Verordnung 2022/2065 vom 19.10.2022 (siehe dazu vor allem Erwägungsgrund 50) leider außer Acht. Danach haftet der Hostprovider nach Art. 6 Abs. 1 der EU-VO nicht, wenn er keine tatsächliche Kenntnis von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder rechtswidrigen Inhalten hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder rechtswidrige Inhalte offensichtlich hervorgeht. Wenn in diesem Zusammenhang das Gericht z.B. der Ansicht ist, dass der Antragsteller konkret dazu vorzutragen habe, dass es sich bei dem Antragsteller um den Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg handele, verkennt und überspannt das Gericht m.E. die vom BGH für eine tatsächliche Kenntnis von Umständen aufgestellten Grundsätze und lässt die Wertung, die sich aus § 291 ZPO (offenkundige Tatsachen) – wohlgemerkt für die Gerichtsperspektive (!) – ergibt, unbeachtet. Wenn die oben im Einzelnen aufgeführten Rechtsverstöße, zu denen jeweils noch ergänzend Bildmaterial von Antragstellerseite vorgelegt wurde, nicht hinreichend konkret sind, werden die Anforderungen für den Vortrag einer Rechtsverletzung m.E. unzulässig überspannt. Will man es unfreundlicher formulieren, kann man auch von einem skandalösen Urteil sprechen.

BFH: Pflicht zur Nutzung des beSt für Steuerberatungsgesellschaften ab dem 01.01.2023

Der BFH hat mit Beschluss vom 23.01.2024, IV B 46/23, zur Frage Stellung genommen, ab welchem Zeitpunkt Steuerberatungsgesellschaften verpflichtet sind, das besondere elektronische Steuerberaterpostfach zu benutzen.

Der BFH entschied, dass Berufsausübungsgesellschaften nach § 3 Satz 1 Nr. 2, § 49 des Steuerberatungsgesetzes, die in das Steuerberaterverzeichnis eingetragen sind, gemäß § 52d Satz 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung verpflichtet sind, seit dem 01.01.2023 das besondere elektronische Steuerberaterpostfach zu nutzen.

Der BFH hatte außerdem über die Auslegung des § 52d Satz 3 FGO zu entscheiden. Nach § 52d Satz 3 FGO bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften (zum Beispiel durch Telefax) zulässig, wenn dem nutzungsverpflichteten Einreicher eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen (§ 52d Satz 4 FGO). § 52d Satz 3 FGO greift bei technischen Problemen im Rahmen der Verwendung des vollständig eingerichteten beSt ein. In einem derartigen Fall ist die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. „Unverzüglich“ bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Der Zeitraum des unverschuldeten Zögerns im Sinne des § 52d Satz 4 FGO ist eng zu fassen (vgl. BGH-Beschluss vom 21.06.2023 – V ZB 15/22, NJW 2023, 2883, Rz 22, zu § 130d Satz 3 ZPO). Zur Glaubhaftmachung gehört jedenfalls eine Schilderung der tatsächlichen Umstände, die eine vorübergehende technische Unmöglichkeit rechtfertigen können.