Mit Urteil vom 18.01.2023, 2 Rv 34 Ss 589/22, (http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&Art=en&Datum=2023&nr=38563&pos=8&anz=26) hat das OLG Karlsruhe über den Beginn der Strafantragsfrist bei Beleidigungen in sozialen Netzwerken entschieden.
Das von der Generalstaatsanwaltschaft vertretene Rechtsmittel gegen die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichtes F. vom 27.04.2018 und die insoweit erfolgte Einstellung des Verfahrens wegen Beleidigung in fünf tateinheitlichen Fällen hatte vorliegend Erfolg, denn das Landgericht war zu Unrecht vom Vorliegen eines Verfahrenshindernisses ausgegangen.
Das Landgericht hatte die Annahme eines Verfahrenshindernisses damit begründet, dass nicht sicher habe festgestellt werden können, dass die Strafantragsfrist gemäß § 77b Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 StGB von drei Monaten ab Kenntniserlangung von den fünf Strafantragstellern jeweils eingehalten worden sei. Ausweislich der Feststellungen in den Urteilsgründen gingen die Strafanträge der fünf Antragsteller im Zeitraum 21.03.2016 bis 04.04.2016 bei der zuständigen Staatsanwaltschaft ein. Der Vorsitzende hatte im Freibeweisverfahren Stellungnahmen der Strafantragsteller dazu eingeholt, wann diese erstmals Kenntnis von dem Facebook-Eintrag mit der Fotomontage auf dem Facebook-Account des Angeklagten erlangt hatten. Das Landgericht ist unter Darlegung der einzelnen Antworten der Strafantragsteller zu der Überzeugung gelangt, dass nicht mehr aufklärbar und damit sicher festzustellen sei, wann die Antragsteller tatsächlich erstmals von der verfahrensgegenständlichen Fotomontage auf der Facebook-Seite des Angeklagten erfahren hatten.
Das OLG Karlsruhe hat mit der o.a. Entscheidung die Einstellung des Verfahrens durch das Landgericht aufgehoben und die Sache an das Landgericht zur Entscheidung zurückverwiesen.
Das OLG begründete dies damit, dass beim Tatbestand der Beleidigung der Zeitpunkt der Vollendung der Tat und der Zeitpunkt der Beendigung der Tat auseinanderfallen können. Stellt der Täter einen ehrverletzenden Beitrag im Internet auf seinem eigenen sozialen Netzwerk-Account ein, so ist die Tat, weil die Beleidigung als Erfolgsdelikt den Zugang der Äußerung erfordert, mit der erstmaligen Wahrnehmung des ehrverletzenden Beitrags durch den Betroffenen oder einen Dritten vollendet. Beendet ist eine solche Beleidigung hingegen erst in dem Zeitpunkt, in dem der vom Täter eingestellte und mit seinem Wissen und Wollen online gehaltene Beitrag gelöscht oder jedenfalls nicht mehr wahrgenommen wird. Denn bis zu diesem Zeitpunkt bestand für das geschützte Rechtsgut, die Ehre des Betroffenen, die spezifische Gefahrenlage über den Zeitpunkt der Vollendung der Tat hinaus fort und vergrößerte bzw. vertiefte sich auch mit jeder Kenntnisnahme der beleidigenden Äußerung durch weitere Personen. Fallen der Zeitpunkt der Vollendung und der Beendigung einer Beleidigung auseinander, kann die Antragsfrist des § 77b Abs. 2 Satz 1 StGB auch erst mit Beendigung der Tat zu laufen beginnen. Denn zuvor ist dem Verletzten eine abschließende Beurteilung des Umfangs der Rechtsgutverletzung als Grundlage für die Entscheidung über die Stellung eines Strafantrags nicht möglich.