In dem u.a. Fall wurde der Beklagte von unserer Kanzlei RAe Münster & Russo PartGmbB vertreten. Die Entscheidung ist unter https://recht.saarland.de/bssl/document/JURE230052655/part/L
im Volltext abrufbar.
Der Kläger macht mit seiner Klage gegenüber dem Beklagten Vergütungsansprüche aus seiner Tätigkeit als ehemaliger Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 5. November 2011 verstorbenen Frau D. (im Folgenden: Erblasserin) geltend. Er wurde mit Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Homburg vom 19. Juli 2019 – 8 VI 505/13 – gemäß § 2227 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grunde entlassen, zugleich wurde der Beklagte zum neuen Testamentsvollstrecker über den Nachlass bestellt.
Der Kläger hat sich angesichts der entsprechenden testamentarischen Anordnung der Erblasserin für berechtigt gehalten, für die von ihm ausgeübte Tätigkeit eine Vergütung nach Maßgabe der „Neuen Rheinischen Tabelle“ zu fordern. Vermeintliche Pflichtverletzungen, wie sie der Beklagte, gestützt auf den Beschluss des Senats vom 6. August 2019 aufzeige, seien bei Lichte betrachtet überhaupt nicht gegeben, jedenfalls rechtfertige dies nicht die Annahme einer vollständigen Verwirkung seines Vergütungsanspruchs, der auch im Übrigen der Höhe nach angemessen sei. Verzögerungen in der Abwicklung des Nachlasses seien durch besondere Schwierigkeiten, insbesondere aufgrund von Auseinandersetzungen im Erbscheinverfahren, bedingt gewesen, in der Zeit vom 13. Dezember 2011 bis zum 10. Oktober 2016, der Rücknahme der Beschwerde durch den Ehemann der Antragstellerin, habe seine Tätigkeit mehr oder weniger geruht. Auskunftspflichten gegenüber einzelnen (vermeintlichen) Miterben habe er nicht gehabt und daher sowie angesichts der zunehmend persönlichen Anwürfe ihres Verfahrensbevollmächtigten auf entsprechende Anfragen berechtigterweise nicht mehr reagiert.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten mit Auffassung, der Kläger habe seine Pflichten als Testamentsvollstrecker derart massiv verletzt, dass dies eine Verwirkung seines Vergütungsanspruches, zumindest aber seine Kürzung (Bl. 91 GA) rechtfertige. Schon in dem Beschluss vom 6. August 2018 – 5 W 2/18 – habe der Senat festgestellt, dass erhebliche Verdachtsmomente im Sinne einer eigenen Bevorteilung des Klägers und einer groben Verkennung und Vernachlässigung der den Erben gegenüber bestehenden Pflichten vorgelegen hätten; insbesondere habe der Kläger seine Auskunftspflichten aus §§ 2218, 666 BGB dadurch verletzt, dass er in Bezug auf die Eigentumsübertragung des Hausanwesens auf seine Ehefrau Belege nur verspätet vorgelegt habe. Außerdem habe er nachhaltig gegen seine Pflichten zur unaufgeforderten Benachrichtigung sowie zur Erteilung begehrter Auskünfte nebst Unterlagen gegenüber der Erbengemeinschaft verstoßen; der erst im Juni 2020 vorgelegte Tätigkeitsbericht sei zur Erfüllung der Pflicht zur unverzüglichen Vorlage eines Nachlassverzeichnisses nach § 2215 Abs. 1 BGB nicht mehr geeignet gewesen. Aufrechenbare Schadensersatzansprüche rechtfertigten sich daraus, dass der Kläger erst im Jahre 2020 geeignete Belege zu den Rentenzahlungen vorgelegt und dem Nachlass durch diese Pflichtverletzung und das aus diesem Grunde gebotene Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Nachlassvermögens Kosten in – unstreitiger – Höhe von 5.253,85 Euro entstanden seien.
Das Landgericht Saarbrücken hat den Beklagten unter Klagabweisung im Übrigen zur Zahlung von 20.669,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26. Juni 2021 verurteilt.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien jeweils selbständig Berufung eingelegt. Der Beklagte verfolgt mit seiner Erstberufung sein vormaliges, auf vollständige Klagabweisung gerichtetes Begehren weiter. Er wiederholt seine Ansicht, der Kläger habe seinen Vergütungsanspruch in voller Höhe verwirkt; hierfür sei nicht die Verwirklichung einer Straftat erforderlich, es genügten auch massive Verstöße gegen Treue- und Sorgfaltspflichten, die hier daraus folgten, dass der Kläger gegen seine „Kardinalpflichten“ zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses (§ 2215 Abs. 1 BGB) und zur Auskunft und Rechnungslegung (§§ 2218, 666 BGB) verstoßen habe.
Das OLG Saarbrücken hat mit Urteil vom 26.07.2023, Az. 5 U 98/22, entschieden: Auf die (Erst-)Berufung des Beklagten wird das am 30. November 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 9 O 122/21 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.291,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26. Juni 2021 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die (Zweit-)Berufung des Klägers gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
Das OLG begründete dies wie folgt:
Gründe, die zur Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB geführt haben, müssen nicht stets auch für die Verwirkung seines Vergütungsanspruchs ausreichen. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach dem Sach- und Streitstand bei der Entscheidung des Prozessgerichts über den Vergütungsanspruch und nicht nach dem Kenntnisstand des Nachlassgerichts zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Amtsenthebung.
Hat der Erblasser im Jahre 2010 angeordnet, dass sich die Vergütung des Testamentsvollstreckers „nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers in ihrer jeweils gültigen Fassung berechnet“, so verweist dies auf die Vorgaben der sog. „Neuen Rheinischen Tabelle“. Das dem Testamentsvollstrecker eingeräumte, im Zivilprozess über die Angemessenheit der Vergütung voll nachprüfbare Ermessen bei der Bestimmung der Vergütung nach §§ 315 ff. BGB wird dadurch eingeschränkt mit der Folge, dass die auf einer unzutreffenden Anwendung der Tabelle beruhende Abrechnung unverbindlich und durch gerichtliche Entscheidung zu korrigieren ist.