VGH München: kein Verschulden bei rechtzeitiger online-Sendungsverfolgung durch den Absender

Der VGH München hat mit Beschluss vom 02.03.2020, Az.: 22 ZB 18.893, (= https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-3220?hl=true) entschieden, dass auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung zu gewähren ist, wenn die Post an das Gericht zwar „auf den letzten Drücker“ versandt wird, der Absender aber den Sendungsverlauf seiner Sendung online nachverfolgt, sich das entsprechende Protokoll ausdrucken lässt und sich auf die dort enthaltene Angabe verlässt, dass die Sendung fristgerecht entgegengenommen worden sei. Der Versender hat damit nach Ansicht des Gerichts für den fristgerechten Eingang der Sendung ausreichend Vorsorge getroffen.

Zitat aus der Entscheidung:

„Die Klägerin hat die Frist unverschuldet versäumt. Ihr Bevollmächtigter hat zwar die Post „auf den letzten Drücker“ abgesandt. Er hat außerdem aufgrund des – oben angesprochenen – Vermerks „Versandschlusszeit überschritten…“ (vgl. Bl. 42) damit rechnen müssen, dass sich die Regellaufzeit (die eigentlich aufgrund der – erwiesenermaßen – von ihm eigens ausgewählten besonders schnellen Zustellungsart nur einen Tag, also bis Freitag, 13.4.2018 vor 12:00 Uhr, betragen hätte) um einen Tag verzögert und daher die Sendung erst am nächsten „Zustelltag“, also am Montag, 16. April 2018 (der Samstag ist laut dem genannten Hinweis kein „Zustelltag“), beim Verwaltungsgericht ankommen könnte. Allerdings hat der Bevollmächtigte für einen fristgerechten Eingang seiner Sendung beim Empfänger Vorsorge getroffen: Er hat noch am Freitag, 13. April 2018, also vor Ablauf der Frist, den Sendungsverlauf über die Internetseite der Post (www…de/espress) zur Kontrolle des fristgerechten Eingangs des Zulassungsantrags online nachverfolgt und sich ein Protokoll des Verlaufs ausdrucken lassen (vgl. Bl. 43); dies hat der Bevollmächtigte durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht (Bl. 44). In der „Ergebniszusammenfassung“ dieser online abgerufenen Kontrolle (Bl. 43) sind als erste Station des Transportwegs die Abholung der Sendung (Nr. 1: 12.4.2018, Ulm, 16:20 Uhr) und als letzte Station (Nr. 5) die Zustellung am Freitag, 13. April 2018, in Augsburg um 11:05 Uhr eingetragen; zu letzterer ist vermerkt: „Sendung zugestellt – übernommen von FRAU K…“. Erhält ein Absender online eine derartige Bestätigung, so darf er darauf vertrauen, dass die Sendung durch den Express-Zusteller tatsächlich zur angegebenen Zeit beim Empfänger eingegangen und entgegen genommen worden ist. Diesem schutzwürdigen Vertrauen steht nicht entgegen, dass – worauf der o.g. Vermerk „Versandschlusszeit überschritten…“ hinweist – eben wegen dieser Überschreitung der „Versandschlusszeit“ eigentlich eine Verzögerung des Zugangs um einen Zustelltag zu erwarten, ein Zugang am nächsten Tag dagegen ungewöhnlich gewesen wäre. Denn die so beschriebene Kontrolle durch den Bevollmächtigten war vorliegend (ausgehend von seiner eidesstattlichen Versicherung, wonach er die Sendungsverfolgung online noch am 13.4.2018 vorgenommen hat) ausreichend, insbesondere rechtzeitig. Denn wenn die Kontrolle ergeben hätte, dass die Sendung noch nicht zugestellt gewesen wäre, so wäre es immer noch möglich gewesen, rechtzeitig vor Fristablauf (13.4.2018, 24:00 Uhr) z.B. per Fax den Berufungszulassungsantrag dem Verwaltungsgericht Augsburg zuzuleiten. Dazu bestand indes wegen der Bestätigung in der Ergebniszusammenfassung, wonach „Frau K…“ die Sendung übernommen habe, kein Anlass. Damit, dass vorliegend der Kurierfahrer der – für DHL tätigen – Zustellfirma (vgl. Bl. 79) bei der Fertigung des „Abliefernachweises“ wohl falsche Daten (nebst Unterschrift) eingegeben und womöglich eine inhaltlich unrichtige Urkunde erstellt hat, musste die Klägerin nicht rechnen.“

Hessisches LSG: Erhebung von Sozialdaten durch Überprüfungsbogen kein Verstoß gegen DSGVO

Das Hessische Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 29.01.2020, Az.: L 4 SO 154/19 B, (= https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE200000255) entschieden, dass die Erhebung von Sozialdaten bei der betroffenen Person im Rahmen der Amtsermittlung im Verwaltungsverfahren zur Bewilligung von Sozialleistungen (§ 20 SGB X, § 67a Abs. 2 SGB X) mittels eines Überprüfungsbogens keinem Widerspruch nach Art. 21 Abs. 1 DS-GVO zugänglich ist, da diese Verarbeitung im konkreten Fall nach Art. 6 Abs. 1 lit. c DS-GVO zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist.

In dem entschiedenen Fall hatte der Betroffene einen Antrag auf Weiterbewilligung von Sozialleistungen gestellt und war im Rahmen dieses Verfahrens von der Behörde zur Ausfüllung und Einreichung eines Überprüfungsbogens aufgefordert worden. Dies verweigerte der Betroffene unter Verweis auf einen Verstoß der Datenerhebung gegen die Vorschriften der DSGVO.

Das Gericht ist der Ansicht, dass die Verarbeitung der Daten nach Art. 6 Abs. 1 lit. c DS-GVO rechtmäßig ist, wenn die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt. Die Voraussetzung der Erforderlichkeit stellt sicher, dass der Verantwortliche ein vorgegebenes Ziel nicht zum Anlass nimmt, überschießend personenbezogene Daten zu verarbeiten (Buchner/Petri, in: Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 6 Rn. 81).

OVG Nordrhein-Westfalen: Anwalt muss notfalls mit Taxi zur Kanzlei fahren, um rechtzeitigen Versand sicherzustellen

Das OVG Nordrhein-Westfalen hatte mit Beschluss vom 12.07.2019, Az.: 4 B 518/19, einen sehr ungewöhnlichen Fall zu entscheiden (vgl. Volltext unter https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2019/4_B_518_19_Beschluss_20190712.html).

VG Hannover: Verwarnung wegen Veröffentlichung eines Fotos auf der Fanpage einer Partei bei Facebook

Veröffentlicht eine Partei auf ihrer Fanpage bei Facebook zur politischen Werbung ein Foto, auf dem Personen erkennbar abgebildet sind, und willigen diese nicht ein, so liegt darin eine unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten; ob dies – nur – aus Art. 6 Abs. 1 DS-GVO oder – auch – aus § 23 KUG folgt, kann offen bleiben.

Dies hat das VG Hannover mit Urteil vom 27.11.2019, Az.: 10 A 820/19, entschieden (http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE190004238&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint).

Der Kläger ist ein Ortsverein einer Partei. Am 7. August 2014 führte er eine öffentliche Veranstaltung durch, bei der über den Bau einer Ampelanlage gesprochen wurde, die das Überqueren einer vielbefahrenen Straße erleichtern sollte. An dieser Veranstaltung nahmen nach Presseberichten etwa 70 Personen teil, darunter die Eheleute S. Über die Veranstaltung wurde auch in der Presse berichtet. Den nach wie vor im Internet verfügbaren Berichten in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und in der Neuen Presse jeweils vom 8. August 2014 ist jeweils ein Foto beigefügt, auf dem auch die Eheleute S. abgebildet sind. Ein weiteres Foto von der Veranstaltung, auf dem die Eheleute S. deutlich erkennbar abgebildet sind, wird vom Kläger weiterhin auf seiner Website veröffentlicht. Der Kläger erhielt eine datenschutzrechtliche Verwarnung, gegen die er sich mit der vorliegenden Klage (erfolglos) wendet.

„Der Kläger kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass die Verarbeitung des Fotos journalistischen Zwecken diente. Zwar ist der Begriff des Journalismus weit auszulegen (vgl. Erwägungsgrund 153 der DS-GVO). Journalismus bezeichnet die publizistische Arbeit von Journalisten bei der Presse, in Online-Medien oder im Rundfunk mit dem Ziel, Öffentlichkeit herzustellen. Der Kläger hat mit seiner Fanpage in erster Linie zum Ziel, für seine Interessen und seine Arbeit zu werben, den Erfolg der eigenen Arbeit zu veranschaulichen und sich dadurch selbst darzustellen. Bildveröffentlichungen, die der Selbstdarstellung dienen, lassen sich aber nicht mehr als eine Verarbeitung zu journalistischen Zwecken qualifizieren (vgl. Benedikt/Kranig, „DS-GVO und KUG – ein gespanntes Verhältnis“ in ZD 2019, S. 4; Lauber-Rönsberg/Hartlaub, „Personenbildnisse im Spannungsfeld zwischen Äußerungs- und Datenschutzrecht“ in NJW 2017, S. 1057, 1061).“

LG Hagen: Kein Erfordernis einer handschriftlichen Signatur bei Einreichung über beA

Das LG Hagen hatte mit Beschluss vom 22.08.2019, Az.: 7 T 15/19, (= https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/hagen/lg_hagen/j2019/7_T_15_19_Beschluss_20190822.html) darüber zu entscheiden, ob bei einer Einreichung einer Klageschrift über beA diese Klageschrift handschriftlich unterschrieben sein muss oder ob die maschinenschriftliche Signatur des Rechtsanwaltes genügt. Eine handschriftliche Signatur ist nach Ansicht des Gerichts nicht erforderlich.

Mit der maschinenschriftlichen Anbringung des Namens des Prozessbevollmächtigten zum Abschluss der Klageschrift ist die Klageschrift im Sinne des § 130a Abs. 3 Var. 2 ZPO „signiert“. Eine einfache elektronische Signatur nach dieser Variante der Regelung besteht gem. Art. 3 Nr. 10 der EU-Verordnung Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS-VO) aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Bei der durch bzw. mit einem Textverarbeitungsprogramm zum Abschluss des Klageschrift-Dokuments angebrachten Namenswiedergabe des Verfassers handelt es sich um solche Daten (BeckOK ZPO/von Selle, 33. Ed. 1.7.2019, ZPO § 130a Rn. 16; Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO, § 130a Rn. 15; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 130a ZPO, Rn. 9; Prütting/Gehrlein/Prütting, ZPO, 11. Auflage 2019, § 130a Rn. 7). Es bedarf damit keiner handschriftlichen Signatur.

OLG Braunschweig: Recht am eigenen Bild ist kein Urheberrecht im Sinne der §§ 104, 105 UrhG

Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Recht am eigenen Bild im Sinne der §§ 22 ff. KunstUrhG sind keine Urheberrechtsstreitigkeiten im Sinne der §§ 104, 105 UrhG; für Ansprüche nach dem Kunsturhebergesetz besteht keine gesetzliche Konzentrationsregelung (Abgrenzung zu OLG Brandenburg, Beschluss vom 7. November 2017 – 1 AR 35/17 [SA Z] –). Dies bedeutet, dass das örtlich zuständige Gericht, im vorliegenden Fall das Amtsgericht Northeim, zur Entscheidung berufen ist und nicht das nach den Konzentrationsregelungen zuständige Gericht für Urheberrechtssachen.

Das OLG Braunschweig hat dies mit Beschluss vom 21.08.2019, 1 W 57/19 (= http://rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=KORE228332019&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint) entschieden.

BAG: Überwachungspflichten bei Berufungseinlegung über das beA

Versendet ein Rechtsanwalt fristwahrende Schriftsätze über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an das Gericht, hat er in seiner Kanzlei das zuständige Personal dahingehend zu belehren, dass stets der Erhalt der automatisierten Eingangsbestätigung nach § 46c Abs. 5 Satz 2 ArbGG zu kontrollieren ist. Er hat zudem diesbezüglich zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchzuführen.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit einem Beschluss vom 07.08.2019, Az.: 5 AZB 16/19, entschieden.

Zum Sachverhalt:

Das Arbeitsgericht hat mit einem am 19. November 2018 verkündeten Urteil der Klage stattgegeben. Das Urteil wurde der Beklagten, die erstinstanzlich anwaltlich nicht vertreten war, am 5. Dezember 2018 zugestellt. Am 8. Januar 2019 ging im elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach (iF EGVP) des Landesarbeitsgerichts Hamm eine aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (iF beA) übermittelte Berufungsschrift ein. Nachdem das Landesarbeitsgericht mit gerichtlichem Schreiben vom 22. Januar 2019 den Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf die verspätete Einlegung der Berufung hingewiesen hatte, teilte dieser mit Schriftsatz vom 26. Januar 2019 mit, die Berufungsschrift sei per beA am 28. Dezember 2018 an das Landesarbeitsgericht übermittelt worden. Hierzu legte er eine Übermittlungsdatei vor, wonach die Berufungsschrift am angegebenen Datum um 10:34 Uhr gesendet wurde. Die weiteren in der Übermittlungsdatei enthaltenen Rubriken „Empfangen“ und „Zugegangen“ enthalten keine Einträge. Zugleich beantragte die Beklagte für den Fall des nicht fristgerechten Zugangs Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Die in der Kanzlei geltenden Arbeitsanweisungen im Umgang mit beA-Nachrichten seien von der langjährig beschäftigten und zuverlässigen Mitarbeiterin F offenbar nicht vollständig ausgeführt worden. Eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs des elektronischen Dokuments gemäß § 46c Abs. 5 Satz 2 ArbGG habe sie nicht erhalten. Die gesonderte Empfangsprüfung sei unterlassen worden, so dass die fehlerhafte Sendung nicht aufgefallen sei. Der nicht fristgerechte Eingang der Berufungsschrift beruhe auf einer fahrlässigen Unachtsamkeit der im Übrigen zuverlässigen und auch in das beA-System eingeführten Mitarbeiterin.

Mit Beschluss vom 2. April 2019 hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen. Diese sei erst nach Ablauf der Frist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG und damit verspätet beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, weil das Fristversäumnis auf einem Organisationsverschulden ihres Prozessbevollmächtigten beruhe, das sich die Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revisionsbeschwerde. Diese Revisionsbeschwerde wurde vom BAG mit dem o.g. Beschluss zurückgewiesen.

BGH: Widerrufsrecht gilt auch beim Online-Matratzenkauf

Der BGH hat mit Urteil vom 03.07.2019, Az.: VIII ZR 194/16, entschieden, dass ein Widerrufsrecht des Verbrauchers auch bei einem Online-Matratzenkauf besteht und dass die Ware auch nach Entfernung einer Schutzfolie zurückgesandt werden darf.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

Die Beklagte ist eine Online-Händlerin, die unter anderem Matratzen vertreibt. Der Kläger bestellte zu privaten Zwecken über die Website der Beklagten eine Matratze zu einem Kaufpreis von 1.094,52 €, die ihm mit einer versiegelten Schutzfolie geliefert wurde.

In der Rechnung der Beklagten vom 26. November 2014 wurde auf dort abgedruckte Allgemeine Geschäftsbedingungen hingewiesen, in denen auch eine „Widerrufsbelehrung für Verbraucher“ enthalten ist. Dort ist unter anderem ausgeführt, dass das Widerrufsrecht bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, vorzeitig erlischt, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Nach Erhalt der Matratze entfernte der Kläger die Schutzfolie.

Der Kläger bat die Beklagte mit E-Mail vom 9. Dezember 2014 um die Vereinbarung eines Termins zum Rücktransport, da er die Matratze zurücksenden wolle. Da die Beklagte den erbetenen Rücktransport nicht veranlasste, gab der Kläger den Transport selbst zu Kosten von 95,59 € in Auftrag.

Die auf Erstattung des Kaufpreises und der Transportkosten, insgesamt 1.190,11 €, nebst Zinsen sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass es sich bei einer Matratze nicht um einen Hygieneartikel im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB handele, so dass der Widerruf auch nach dem Entfernen der Schutzfolie durch den Kläger nicht ausgeschlossen gewesen sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) unter anderem die Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgelegt, ob Art. 16 Buchst. e der Verbraucherrechterichtlinie dahin auszulegen ist, dass zu den dort genannten Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind, auch Waren (wie etwa Matratzen) gehören, die zwar bei bestimmungsgemäßem Gebrauch direkt mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen, aber durch geeignete (Reinigungs-)Maßnahmen des Unternehmers wieder verkehrsfähig gemacht werden können (Senatsbeschluss vom 15. November 2017 – VIII ZR 194/16, NJW 2018, 453). Zugleich hat der Senat das Verfahren gemäß § 148 ZPO analog bis zur Entscheidung des Gerichtshofs ausgesetzt.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass es sich bei einem Kaufvertrag, den ein Verbraucher mit einem Online-Händler über eine Matratze schließt, die ihm mit einer Schutzfolie versiegelt geliefert wird, nicht um einen Vertrag zur Lieferung versiegelter Waren handelt, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene zur Rückgabe ungeeignet sind, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wird (§ 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB). Dem Verbraucher steht daher auch dann das Recht zu, seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung gemäß § 312g Abs. 1 BGB zu widerrufen, wenn er die Schutzfolie entfernt hat.

Diese Rechtsprechung folgt im Ergebnis und in der Begründung den Maßstäben, die der Gerichtshof auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 15. November 2017 hin im Urteil vom 27. März 2019 (C-681/17) vorgegeben hat. Denn die deutsche Ausnahmevorschrift des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB geht auf die gleichlautende europarechtliche Vorschrift des Art. 16 Buchst. e der Verbraucherrechterichtlinie zurück, die der deutsche Gesetzgeber vollständig in deutsches Recht umsetzen wollte.

Eine Ausnahme von dem bei Fernabsatzverträgen Verbrauchern grundsätzlich eingeräumten Widerrufsrecht ist vor allem mit Blick auf dessen Sinn und Zweck zu verneinen. Das Widerrufsrecht soll den Verbraucher in der besonderen Situation im Fernabsatzhandel schützen, in der er keine Möglichkeit hat, das Erzeugnis vor Abschluss des Vertrages zu sehen und seine Eigenschaften zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Nachteil soll mit dem Widerrufsrecht ausgeglichen werden, das dem Verbraucher eine angemessene Bedenkzeit einräumt, in der er die Möglichkeit hat, die gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren.

Im Hinblick hierauf greift die Ausnahmeregelung nur dann ein, wenn nach der Entfernung der Versiegelung der Verpackung die darin enthaltene Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene endgültig nicht mehr verkehrsfähig ist, weil der Unternehmer Maßnahmen, die sie unter Wahrung des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene wieder verkehrsfähig machten, nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten ergreifen könnte.

Bei Anlegung dieses Maßstabs fällt eine Matratze, deren Schutzfolie der Verbraucher entfernt hat, nicht unter den Ausnahmetatbestand. Eine Matratze kann im Hinblick auf das Widerrufsrecht mit einem Kleidungsstück gleichgesetzt werden, das ebenfalls mit dem menschlichen Körper direkt in Kontakt kommen kann. Es ist davon auszugehen, dass Unternehmer bezüglich beider Waren in der Lage sind, diese nach Rücksendung mittels einer Behandlung wie einer Reinigung oder einer Desinfektion für eine Wiederverwendung durch einen Dritten und damit für ein erneutes Inverkehrbringen geeignet zu machen.

Da das Berufungsgericht die Ankündigung der Rücksendung der Matratze und die Bitte um Übernahme der Transportkosten rechtsfehlerfrei als Widerrufserklärung ausgelegt hat, waren die Parteien gemäß § 355 Abs. 1 BGB nicht mehr an ihre auf den Abschluss des Vertrages gerichteten Willenserklärungen gebunden mit der Folge, dass die beklagte Online-Händlerin den Kaufpreis und die verauslagten Transportkosten an den Kläger zu erstatten hat. Die Revision der Beklagten hatte daher keinen Erfolg.“

Quelle: Pressemitteilung Nr. 89/2019 des BGH

OLG Frankfurt: Wettbewerbsrechtliche Klagebefugnis von Verbänden – Anforderungen an die Mitgliederzahl

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 02.05.2019, Az.: 6 U 58/18, über die Klagebefugnis eines Wettbewerbsverbandes entschieden.

Das Gericht entschied (Leitsatz des Gerichts):
Bei der für die Klagebefugnis eines Wettbewerbsverbands maßgeblichen Frage, ob dem Verband im Sinne von § 8 Absatz 3 Nr. 2 UWG eine erhebliche Zahl von Mitbewerbern des Verletzers angehört, sind auch die Bedeutung und das wirtschaftliche Gewicht der in Betracht kommenden Mitglieder auf dem betreffenden Markt zu berücksichtigen. Dabei kommt Mitgliedsunternehmen, die auf einer Verkaufsplattform einen online-Shop betreiben und dort neben einer Vielzahl unterschiedlicher Artikel in geringem Umfang auch Erzeugnisse anbieten, die ein Wettbewerbsverhältnis mit dem Verletzer begründen, ein eher geringes Gewicht zu (ausreichende Mitgliederzahl im Streitfall verneint).

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der laut seiner Satzung die Interessen von Onlineunternehmen vertritt. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört die Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder, in streitigen Fällen durch Abmahnung und Prozessführung.

Der Beklagte handelt als gewerblicher Verkäufer über die online Plattform eBay mit Comics. Bei dem Angebot eines Comics auf eBay fügte er seinem Angebot kein Musterwiderrufsformular zu. Des Weiteren fehlte es an Informationen über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrecht für Waren. Im Hinblick auf den Versand findet sich im Angebot die Angabe „für Lieferung in andere Länder bitten wir um Kontaktaufnahme“. Eine Angabe zur Umsatzsteuer fehlt bei der Preisangabe im streitgegenständlichen Angebot. Schließlich fehlen Angaben darüber, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer selbst gespeichert würden und ob der Unternehmer selbst den Vertragstext dem Kunden zugänglich macht.

Nach Kenntniserlangung von den Verstößen mahnte der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 27.6.2016 ab und forderte ihn zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf, was der Beklagte verweigerte.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 27. 2. 2018, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, den Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Er ist der Auffassung, es fehle schon der Prozessführungsbefugnis des Klägers, da in dessen Mitgliederliste kein einziger Händler enthalten sei, den in echter Konkurrenz mit ihm stehe. Weiterhin handele es sich bei dem Kläger um einen Abmahnverein, der aus rein finanziellen Interessen Abmahnungen im großen Stil durchführe. Deshalb sei das Vorgehen des Klägers rechtsmissbräuchlich.

Das OLG nahm vorliegend keine Klagebefugnis des betreffenden Verbandes an.

„Verbände sind nur dann anspruchsberechtigt, soweit ihnen eine „erhebliche Zahl“ von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Von dieser Einschränkung der Anspruchsberechtigung verspricht sich der Gesetzgeber eine Austrocknung von „Wettbewerbsvereinen“, die vornehmlich aus Gebühreninteresse gegen Wettbewerbsverstöße vorgehen. Welche Anzahl von Gewerbetreibenden „erheblich“ ist, lässt sich nicht von vornherein und generell bestimmen (BGH GRUR 1998, 489, 491 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III). Jedenfalls ist keine Mindestanzahl erforderlich (BGH GRUR 1998, 489, 491 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III; Amtl. Begr. WPR 1994, 369, 378), zumal auf vielen Märkten nur wenige Unternehmen tätig sind; auch muss nicht die Mehrheit der Mitbewerber dem Verband angehören (BGH GRUR 1998, 489 (491) – Unbestimmter Unterlassungsantrag III). Es müssen lediglich Unternehmen aus dem Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt (BGH GRUR 1998, 170 – Händlervereinigung) nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in der Weise repräsentativ vertreten sein, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann (BGH GRUR 2007, 610 Rn. 18 – Sammelmitgliedschaft V; BGH GRUR 2007, 809 Rn. 15 – Krankenhauswerbung; OLG Nürnberg WRP 2014, 239 Rn. 30). In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Zahl und wirtschaftliche Bedeutung der branchenzugehörigen Verbandsmitglieder den Schluss darauf zulässt, dass nicht lediglich Individualinteressen Einzelner, sondern objektiv gemeinsame („kollektive“) gewerbliche Interessen der Wettbewerber wahrgenommen werden. Dies kann auch bei einer geringen Zahl entsprechend tätiger Mitglieder anzunehmen sein (BGH GRUR 2007, 610 Rn. 18 – Sammelmitgliedschaft V; OLG Köln GRUR-RR 2018, 292). Daher ist nicht erforderlich, dass die Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind (BGH GRUR 2007, 809 Rn. 10 – Krankenhauswerbung; BGH GRUR 2009, 692 Rn. 12 – Sammelmitgliedschaft VI; OLG Frankfurt GRUR-RR 2010, 301 (302)).“

„Dies hat zur Folge, dass etwa Mitgliedern mit stationären Ladengeschäften, die schon länger am Markt tätig sind, für § 8 III Nr. 2 UWG größeres Gewicht zukommt als Mitgliedern mit kleinen Online-Shops auf Verkaufsplattformen wie e-Bay, die ebenso schnell entstehen wie wieder verschwinden können. Die mit der Schaffung eines klassischen stationären Einzelhandelsgeschäfts verbundenen Investitionen und Mühen sprechen für eine gewisse Verstetigung der geschäftlichen Tätigkeit, während Online-Shops auf Plattformen wie E-Bay mit geringerem Umsatz nicht dasselbe Gewicht zukommen kann. Die Eröffnung eines Geschäftsbetriebs ist ebenso schnell geschehen wie dessen Einstellung, nämlich durch einen Mausklick vom heimischen Wohnzimmer aus. Dies zeigt sich prototypisch an den vom Kläger in erste Instanz vorgelegten Mitgliederlisten, bei denen nach dem eigenen klägerischen Vortrag in der Berufung deutlich mehr als die Hälfte nicht mehr oder nicht mehr so tätig ist, wie der Kläger es zu Beginn des Rechtsstreits bei Vorlage seiner Mitgliederlisten behauptet hatte.“

BGH: Zur Zulässigkeit der unaufgeforderten Aufschaltung eines separaten Wifi-Hotspots bei WLAN-Kunden

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 25.04.2019, Az.: I ZR 23/18, entschieden, dass die Aktivierung eines zweiten WLAN-Signals auf dem von einem Telekommunikationsdienstleister seinen Kunden zur Verfügung gestellten WLAN-Router, das von Dritten genutzt werden kann, wettbewerbsrechtlich zulässig ist, wenn den Kunden ein Widerspruchsrecht zusteht, die Aktivierung des zweiten WLAN-Signals ihren Internetzugang nicht beeinträchtigt und auch sonst keine Nachteile, insbesondere keine Sicherheits- und Haftungsrisiken oder Mehrkosten mit sich bringt.

Die Beklagte bietet Telekommunikationsdienstleistungen an. Sie stellt den Kunden ihrer Internetanschlussleistungen auf Wunsch kostenfrei einen WLAN-Router zur Verfügung, der gegen unberechtigten Zugang Dritter durch eine mit einem Passwort geschützte Verschlüsselung gesichert ist. Der Router verbleibt im Eigentum der Beklagten. Anfang 2016 teilte die Beklagte ihren Kunden mit, sie werde zur Erstellung eines flächendeckenden WLAN-Netzes die Konfiguration der WLAN-Router dahin ändern, dass ein separates WLAN-Signal aktiviert werde, das Dritten einen Zugang zum Internet eröffne. Die Klägerin, eine qualifizierte Einrichtung nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, sieht in dieser unaufgeforderten Einrichtung eines Wifi-Spots bei Verbrauchern eine unzumutbare Belästigung und eine aggressive Geschäftspraktik.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Unterlassung der Aktivierung des separaten WLAN-Signals, wenn dies mit den Verbrauchern nicht vertraglich vereinbart worden ist und diese kein Einverständnis erklärt haben. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Aktivierung eines zusätzlichen Signals beeinträchtige die geschuldete Vertragsleistung nicht. Eine mögliche Belästigung durch die einseitige Aufschaltung des zweiten WLAN-Signals sei jedenfalls nicht unzumutbar, weil die Kunden dem jederzeit – auch nachträglich – widersprechen könnten. Eine aggressive Geschäftspraktik liege nicht vor.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Die Aktivierung des zweiten WLAN-Signals stellt keine Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG dar. Die geschuldete Vertragsleistung – Zugang zum Internet – wird durch das zweite WLAN-Signal nicht beeinträchtigt. Ein ausschließliches Nutzungsrecht der im Eigentum der Beklagten stehenden Router durch die Kunden, das einer Nutzung der Router auch durch die Beklagte entgegenstehen könnte, sehen die Verträge über Internetzugangsleistungen nicht vor. Der ungestörte Gebrauch des Routers durch die Kunden wird weder durch die Aktivierung des zweiten WLAN-Signals noch durch dessen Betrieb beeinträchtigt.

In der Aktivierung des zweiten WLAN-Signals liegt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine aufgedrängte Dienstleistung. Die Beklagte eröffnet ihren Kunden mit der Aktivierung eines zweiten WLAN-Signals auf deren Routern zwar die Möglichkeit, die Leistungen der Beklagten auch über die Wifi-Spots anderer Kunden zu nutzen. Die Klägerin möchte der Beklagten aber nicht das Angebot dieser zusätzlichen Leistung, sondern allein die Aktivierung des zweiten WLAN-Signals verbieten lassen. In der Aktivierung dieses Signals liegt für sich genommen keine Dienstleistung der Beklagten gegenüber dem Besitzer des Routers.

Auch sonst gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Aktivierung des zweiten WLAN-Signals eine Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG darstellt. Die Aktivierung ist ein ausschließlich technischer Vorgang, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinerlei Nachteile für die Kunden mit sich bringt. Sie erfordert weder einen mit Störungen verbundenen Besuch bei den Kunden noch deren Mitwirkung. Der Internetzugang der Kunden wird durch die Aktivierung des zweiten WLAN-Signals nicht beeinträchtigt. Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Sicherheit der Kunden oder durch die erweiterte Nutzung des Routers verursachte Mehrkosten zu Lasten der Kunden hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Für die Kunden besteht auch nicht das Risiko, für von Dritten über das zweite WLAN-Signal begangene Rechtsverletzungen zu haften.

Gegen eine Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG spricht schließlich das zeitlich uneingeschränkte Widerspruchsrecht der Kunden. Sie können die Nutzung der ihnen zur Verfügung gestellten Router durch Dritte über ein von der Beklagten betriebenes zusätzliches WLAN-Signal jederzeit durch einen Widerspruch kurzfristig – spätestens zum übernächsten Werktag – beenden.

Selbst wenn in der Aktivierung des zweiten WLAN-Signals eine Belästigung läge, fehlte es an der Unzumutbarkeit der Belästigung. Rechtlich geschützte Interessen der Kunden werden im Zuge der Aktivierung des zweiten WLAN-Signals nicht verletzt. Gegen die Unzumutbarkeit einer Belästigung spricht ferner das jederzeitige Widerspruchsrecht der Kunden. Die Freischaltung des zweiten WLAN-Signals ist auch nicht mit der in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG geregelten und nur bei Vorliegen einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung des Adressaten zulässigen E-Mail-Werbung vergleichbar, weil sie nicht zu ähnlichen Beeinträchtigungen führt.

Eine aggressive Geschäftspraktik im Sinne von § 4a Abs. 1 UWG liegt schon deshalb nicht vor, weil den Kunden ein uneingeschränktes Widerspruchsrecht zusteht und ihre Entscheidungsfreiheit daher nicht beeinträchtigt wird.
(Quelle: Pressemitteilung Nr. 055/2019 des BGH)