Achtung Internethändler – es drohen neue Abmahnungen!

Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 03.12.2020, Az.: 2-13 O 131/20, (= https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE200001919) juristisches Neuland betreten und einen Fall einer Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Personen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität entschieden.

In dem entschiedenen Fall besuchte die klagende Person den Internetauftritt der beklagten Person, um eine Rabattkarte zu erwerben. Voraussetzung für den Kauf über das Internet bei der beklagten Person ist, dass der Kaufwillige entweder die Anrede „Herr“ oder „Frau“ auswählt. Eine geschlechtsneutrale Anredeoption ist nicht verfügbar. Die Auswahl kann auch nicht offengelassen werden. Will der Kaufwillige ohne Auswahl im Bestellprozess fortfahren, erscheint eine Fehlermeldung und der Bestellvorgang kann nicht abgeschlossen werden.

Eine Registrierung als Kunde über den Internetauftritt der beklagten Person erfordert ebenfalls zwingend die Auswahl einer der Anreden „Herr“ oder „Frau“, ohne dass eine geschlechtsneutrale Option zur Verfügung stünde oder ein Auslassen der Angabe möglich wäre. Eine spätere Abänderung der registrierten Daten ist nicht möglich. Entsprechend der getätigten Auswahl von entweder „Herr“ oder „Frau“ erfolgt die Ansprache von Kunden seitens der beklagten Person in Kommunikation bei der Abwicklung getätigter Käufe, bei Reklamationen oder in Werbezuschriften.

Mit anwaltlichem Schreiben forderte die klagende Partei unter Fristsetzung die beklagte Partei unter anderem zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung einer Geldentschädigung i.H.v. 5.000,00 € auf.

Das Landgericht Frankfurt am Main bejahte den Unterlassungsanspruch aufgrund einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, lehnte eine Geldentschädigung jedoch ab. Im Umfang des Unterlassungsanspruchs wurde auch auf eine Freistellung von den diesbezüglichen Anwaltskosten von etwa 490,00 Euro erkannt.

Wird diese Rechtsprechung des Landgerichts bestätigt, drohen Abmahnungen für alle Internethändler, deren Bestellvorgänge und weitere Kommunikationsführung bislang nur die Anreden „Herr“ oder Frau“ vorsehen. Das Problem entsteht insbesondere auch dadurch, dass die gängigen und häufig verwendeten sog. Baukastensysteme für Internetshops andere Geschlechtsbezeichnungen noch nicht zulassen. Programmierer von Internetshops sollten diese Rechtsprechung, sofern sie bestätigt wird, künftig möglichst schnell berücksichtigen.