OLG Frankfurt: Zum Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO

Das OLG Frankfurt hatte sich mit der Prüfung eines datenschutzrechtlichen Unterlassungsanspruchs sowie eines Schadensersatzanspruches aus Art. 82 DSGVO zu befassen.

Der Kläger befand sich bei der Beklagten, einer Privatbank, in einem Bewerbungsprozess. Dieser fand über das Online-Portal Xing statt. Das Netzwerk ermöglicht es, Personen und Unternehmen zu folgen, Reaktionen und Beiträge zu hinterlassen sowie mediale Inhalte im Text-, Bild- und Videoformat zu veröffentlichen. Der Kläger hat dort seine Kontaktdaten nebst Lebenslauf eingestellt. Im Zusammenhang mit dem Bewerbungsprozess versandte eine Mitarbeiterin der Beklagten über den dortigen Messenger-Dienst am 23.10.2018 eine Nachricht, die eigentlich für den Kläger bestimmt war, an eine dritte, nicht am Bewerbungsprozess beteiligte Person.

Aufgrund dieses Sachverhaltes machte der Kläger einen Unterlassungsanspruch geltend mit dem Antrag, dass die Beklagte es künftig zu unterlassen habe, personenbezogene Daten des Klägers, die im Zusammenhang mit seiner Bewerbung bei der Beklagten stehen, zu verarbeiten bzw. verarbeiten zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Nachricht der Mitarbeiterin der Beklagten über das Portal XING an Herrn A vom 23.10.2018.

Zudem machte der Kläger einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO geltend.

Das Gericht sprach den Unterlassungsanspruch wie beantragt zu. Grundlage sei Art. 17 Abs. 1 DSGVO. Dass Art. 17 DSGVO Rechtsgrundlage für einen Unterlassungsanspruch sein könne, sei höchstrichterlich geklärt (vgl. BGH, Urteile vom 12.10.2021 – VI ZR 488/19 – VI ZR 489/19 -, jeweils Rn. 10, juris; BGH, Urteil vom 27. Juli 2020 – VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 20, 23 [zur Auslistung]; BSGE 127, 181 Rn. 13), so dass ein Rückgriff auf §§ 823 Abs. 1 i.V.m. 1004 BGB nicht erforderlich sei, um einen lückenlosen Individualrechtsschutz hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten von natürlichen Personen zu gewährleisten (so noch: OLG Dresden, Urteil vom 14. Dezember 2021 – 4 U 1278/21 -, Rn. 47, juris; OLG München, Urteil vom 19. Januar 2021 – 18 U 7243/19 Pre -, Rn. 62, 65, juris).

Die Voraussetzungen für einen Geldentschädigungsanspruch in Bezug auf einen dem Kläger zugefügten immateriellen Schaden liegen nach Auffassung des Senats jedoch nicht vor, da es jedenfalls an der Darlegung des Eintritts eines Schadens bei dem Kläger fehlt.

Die Frage, ob bereits der Datenschutzverstoß als solcher für das Entstehen eines Schadensersatzanspruchs ausreicht oder es darüber hinaus der Darlegung und des Nachweises eines konkreten (auch: immateriellen) Schadens bedarf, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (für ein Ausreichen des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht: z.B. OLG München, Urteil vom 4.2.2019 – 15 U 3688/18 -, juris, Rn. 19 ff., Ehmann/Selmayr/Nemitz, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl., Art. 82 DS-GVO Rn. 11-13; für das Erfordernis eines nachgewiesenen Schadens z.B. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.02.2021, 17 Sa 37/20, zit. nach juris, Rn. 96, LG Karlsruhe, Urt. v. 02.08.2019, 8 O 26/19, zit. nach juris, Rn. 19, Ernst, juris PR-ITR 1/2021 Anm. 6 in einer Anmerkung zu dem vorliegend angefochtenen Urteil des Landgerichts Darmstadt v. 26.05.2020, 13 O 244/19, m.w.N.). Insbesondere von den Verfechtern eines Anspruchs ohne Nachweis eines konkreten Schadens wird zudem vertreten, dass die Beeinträchtigung über eine bloße Bagatellverletzung hinausgehen muss (vgl. hierzu die Quellenangaben bei Ernst, a.a.O.).

Das Gericht schließt sich der Ansicht an, wonach die Darlegung eines konkreten Schadens erforderlich ist.

Das Vorliegen eines konkreten -immateriellen- Schadens, wozu auch Ängste, Stress sowie Komfort- und Zeiteinbußen zählen (Bergt in: Kühling/Buchner, DS- GVO BDSG, 3. Auflage 2020, Rn. 18 b), habe der Kläger vorliegend nicht dargetan. Der Vortrag in seinem auf einen entsprechenden Hinweis des Senats eingereichten Schriftsatz vom 11.1.2022 (Bl. 326 ff. d. A.) erschöpfe sich in der – erneuten- Darlegung des Datenschutzverstoßes. Der Schadensersatzspruch war daraufhin vom Gericht abgelehnt worden. Das Gericht hat Rechtsmittel dagegen zugelassen, da die Frage noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt sei.

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