OLG Frankfurt: Sorgfaltspflichten bei Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 05.10.2021, Az.: 6 U 79/21 (= https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210001732) zu den Sorgfaltsanforderungen bei Versand eines Schriftsatzes über beA Stellung genommen. Danach gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle bei der Versendung eines fristwahrenden Schriftsatzes über beA neben der Überprüfung eines ordnungsgemäßen Versands auch die Sicherstellung, dass der richtige Schriftsatz versendet wird.

Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage um Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit der Nennung der Beklagten auf der Internetseite der Klägerin, die Beratungsdienstleistungen als „Profilerin“ erbringt. Mit Urteil vom 21.4.2021 hat das Landgericht die Klägerin verurteilt, es zu unterlassen, werblich auf die Beklagte hinzuweisen. Gegen das der Klägerin am 27.4.2021 zugestellte Urteil hat der Klägervertreter mit bei Gericht am 5.5.2021 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift nebst einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist am 31.8.2021 bei Gericht eingegangen.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat der Klägervertreter vorgetragen, er habe am 25.6.2021 eine beA-Nachricht an das Gericht versandt. Dieser Nachricht habe er eine Datei angehängt, bei der er davon ausgegangen sei, dass es sich um die Berufungsbegründungsschrift in hiesiger Angelegenheit handelt. Statt der Berufungsbegründungschrift habe es sich jedoch erneut um den Schriftsatz gehandelt, mit welchem bereits Berufung eingelegt worden sei. Zu dieser Verwechselung sei es gekommen, weil seine zuverlässige Sekretärin es versäumt habe, ihm den richtigen Namen der als PDF-Dokument erstellten Berufungsbegründungsschrift mitzuteilen.

Das Gericht führt u.a. aus:

Elektronische Systeme dürfen keine geringeren Kontrollstandards bieten. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört neben der Überprüfung eines ordnungsgemäßen Versands aber auch die Sicherstellung, dass der richtige Schriftsatz versendet wird. Der Ausgangskontrolle ist nicht genüge getan, wenn lediglich überprüft wird, dass irgendein Schriftstück mit dem zutreffenden Aktenzeichen an das Gericht versendet wird. Es ist vielmehr – ggf. an Hand eines sinnvoll vergebenen Dateinamens – zu überprüfen, welche Datei versandt wurde. Erst danach darf die Frist im Kalender gestrichen werden (vgl. Musielak/Voit/Grandel, 18. Aufl. 2021, ZPO, § 233 Rn 24 m.w.N.).


Denn er hat hiernach eine PDF-Datei an das Gericht versandt, ohne den Inhalt des Schriftsatzes zu überprüfen und damit sicherzustellen, dass der inhaltlich zutreffende Schriftsatz zur Fristwahrung bei Gericht eingeht. Eine inhaltliche Kontrolle drängte sich nach dem Vorbringen des Klägervertreters bereits deswegen auf, weil der vom Klägervertreter beschriebene Dateiname „Berufung.pdf“ weder Rückschlüsse auf deren Inhalt (Berufungseinlegung oder Berufungsbegründung) noch – mangels Angabe eines Aktenzeichens – darauf zulässt, ob es sich überhaupt um ein Schriftstück in der zu wahrenden Fristensache gehandelt hat. Eine Überprüfung anhand des Dateinamens war somit überhaupt nicht möglich (vgl. zu den Anforderungen auch: OLG Dresden, Beschluss vom 1.6.2021 – 4 U 351/21 = NJW 2021, 2665).

Da es sich um ein eigenes Verschulden des Rechtsanwalts handelt, kommt es auch nicht auf die Frage an, ob dem Klägervertreter ein Organisationsverschulden (Auswahl und Kontrolle der Angestellten) vorzuwerfen ist. Entsprechend spielt auch der vom Klägervertreter behauptete Umstand keine Rolle, ob seine Mitarbeiterin die Datei mit der Berufungsbegründungschrift unzutreffend benannt hat. Es war vorliegend der Klägervertreter selbst, der den Versand des fristwahrenden Schriftstücks vorgenommen hat, so dass ihm auch die Endkontrolle oblag.

LAG Köln: Rechtsweg bei (Dritt-)Widerklage wegen einer Urheberrechtsverletzung

Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Beschluss vom 07.09.2021, Az. 9 Ta 107/21, (= https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2021/9_Ta_107_21_Beschluss_20210907.html) entschieden, dass eine vor dem Arbeitsgericht erhobene (Dritt-)Widerklage gemäß § 104 Satz 1 UrhG in die ausschließliche Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit fällt, wenn sich die Widerklageforderung auf urheberrechtliche Anspruchsgrundlagen stützen lässt und zunächst ausdrücklich darauf gestützt wurde. Dies gilt auch in den Fällen, in denen ein rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Klage besteht.

Mit seiner am 06.07.2020 bei dem Arbeitsgericht Köln anhängig gemachten und der Beklagten am 15.07.2020 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Zahlung von Urlaubsentgeltdifferenzen für die Jahre 2018 bis 2020, eine Umsatzbeteiligung für den Monat Januar 2020 i.H.v. insgesamt 17.169,73 EUR brutto sowie ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Mit weiterem Schriftsatz vom 27.01.2021 begehrt der Kläger hilfsweise Auskunft über die von ihm im Januar 2020 erzielten Honorare für die von ihm im Januar 2020 behandelten Patienten.

Die Beklagte macht gegenüber den Zahlungsansprüchen des Klägers ein Zurückbehaltungsrecht geltend und hat „hilfsweise“ die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus Urheberrechtsverletzungen erklärt. Mit ihrer Widerklage sowie den beiden Drittwiderklagen macht die Beklagte Ansprüche geltend, die sie darauf stützt, dass der Kläger Teile der in ihrer Praxis eingesetzten Praxismanagement-Software in eine eigene Software überführt hat und diese durch die Drittwiderbeklagte zu 1 vertreibt.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagten rügen den Rechtsweg für die (Dritt-) Widerklage. Denn § 104 Satz 1 UrhG begründe für Urheberrechtsstreitigkeiten eine ausschließliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 19.03.2021 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen hinsichtlich der abgetrennten Widerklage sowie der Drittwiderklage für unzulässig erklärt, den Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Köln verwiesen und den Rechtsstreit im Übrigen bis zur formellen Rechtskraft der Vorabentscheidung ausgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte mit Widerklage und Drittwiderklage urheberrechtliche Ansprüche geltend mache, für die gemäß § 104 Satz 1 UrhG ausschließlich die ordentlichen Gerichte zuständig seien. Denn zu den Urheberrechtsstreitsachen würden auch die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung der Vervielfältigung, Verbreitung und Veröffentlichung von Software nach § 97 Abs. 1 UrhG, auf Vernichtung eines Quellcodes nach § 69 f. Abs. 1 UrhG, auf Auskunft nach § 242 BGB i.V.m. § 97 Abs. 2 S. 2 und 3 UrhG, auf damit verbundene eidesstattliche Versicherung gemäß § § 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB sowie auf Schadensersatz gemäß § 98 Abs. 2 S. 1 UrhG sowie § 10 Abs. 1 GeschGehG zählen. Eine Zusammenhangszuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 Abs. 3 ArbGG scheide wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aus. Dass die Beklagte sich neben den urheberrechtlichen Anspruchsgrundlagen auch auf § 10 Abs. 1 GeschGehG berufe, ändere nichts daran, dass es sich bei den einheitlich geltend gemachten Ansprüchen um eine Urheberrechtsstreitigkeit handele. Der Rechtsstreit sei daher hinsichtlich des abgetrennten Teils an das zuständige Landgericht Köln zu verweisen. Die Beklagte hatte gegen den entsprechenden Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt, über die das Landesarbeitsgericht nun entschieden hat.

OLG Frankfurt: Sekundäre Darlegungslast bei behauptetem Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz

Das OLG Frankfurt hatte mit Urteil vom 20.08.2021, Az. 24 U 171/20, über eine Forderungsabtretung zu entscheiden. Behauptet die nach einem Forderungskauf aus der abgetretenen Forderung in Anspruch genommene Partei, die Forderung sei in Wahrheit nur zum Zwecke der Einziehung abgetreten worden und es liege deshalb eine unbefugte Inkassodienstleistung vor, so muss die klagende Partei den zugrundeliegenden Forderungskaufvertrag im Wege der sekundären Darlegungslast offenlegen. Wird der Vertrag daraufhin nur unvollständig vorgelegt und lässt sich deshalb nicht ausschließen, dass kein echter Forderungskauf vorliegt, kann das Gericht von einem Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz ausgehen.

Die Klägerin hatte die Beklagte aus abgetretenem Recht der Bank auf Zahlung des offenen Saldos aus einem im Jahre 2017 gekündigten Kreditkartenkonto in Höhe von 6.989,86 Euro nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hatte eingewandt, die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, da die Abtretung gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoße.

Das OLG Frankfurt führt aus:

„Zwar ist das Landgericht im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte für die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot beweispflichtig ist. Sie hat daher auch nachzuweisen, dass im Gegensatz zu der von der Klägerin aufgestellten Behauptung, sie habe die Forderung von der Bank1 im Wege eines echten Forderungskaufs erworben, weshalb keine Inkassodienstleistung vorliege, hier doch eine bloße Inkassozession anzunehmen ist. Allerdings gilt eine Ausnahme, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis von den maßgeblichen Umständen und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. In diesem Fall trifft den Prozessgegner eine sekundäre Darlegungslast, im Rahmen derer es ihm auch obliegt, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. Genügt er seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung der Gegenpartei nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BGH, NJW 2020, 2804 m. w. Nachw.). So liegt der Fall hier, weil die Beklagte über die Einzelheiten des Forderungserwerbs durch die Klägerin keine Kenntnis haben kann. Es ist daher für den behaupteten Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz anerkannt, dass der Erwerber einer Forderung zum Nachweis seiner Forderungsinhaberschaft darlegen muss, dass er die Forderung vollwirksam und nicht lediglich zu Einziehungszwecken erworben hat. Er muss also den zugrundeliegenden Kaufvertrag offenlegen (vgl. BeckOK RDG/Römermann, 18. Ed. 1.7.2019, RDG § 2 Rn. 9; Deckenbrock/Henssler, 5. Aufl. 2021, RDG § 2 Rn. 87).“

AG Wiesbaden: Keine Passivlegitimation der Verwalterin bei einstweiliger Verfügung zur Unterlassung der Einberufung einer Eigentümerversammlung

Die Antragsteller sind Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft X. Die Antragsgegnerin ist die Wohnungseigentumsverwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 30. Juli 2021 zu einer Eigentümerversammlung für Donnerstag, den 05. August 2021, um 16:00 Uhr eingeladen. Die Antragsteller begehren von der Antragsgegnerin den anberaumten Termin für eine Wohnungseigentümerversammlung am 05. August 2021 um 16:00 Uhr in den Geschäftsräumen der Antragsgegnerin aufzuheben.

Das AG Wiesbaden entschied mit Beschluss vom 03.08.2021, 91 C 2087/21 (https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210001265):

Die Antragsgegnerin (Verwalterin) ist nicht passivlegitimiert. Alle Pflichten im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sind nach § 18 Abs. 1 WEG Pflichten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Versammlung ist daher grundsätzlich von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einzuberufen (vgl. BR-Drs. 168/20, 63). Dies gilt auch dann, wenn die betreffende Vorschrift, wie § 24 WEG es tut, ihrem Wortlaut nach an den Verwalter gerichtet ist. Insoweit wird lediglich die Organzuständigkeit zur Erfüllung der Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mitgeregelt (vgl. BR-Drs. 168/20, 63). Aufgrund der Änderungen durch das WEMoG bestehen zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und dem Verwalter keine unmittelbaren wohnungseigentumsrechtlichen Rechtsbeziehungen mehr (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020 § 2 Rn. 53).

AG Velbert: Zur Erstattung von Mietwagenkosten

Das AG Velbert hatte sich mit Urteil vom 24.06.2021, Az.: 13 C 7/20, mit der Erstattung von Mietwagenkosten zu befassen (= https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/wuppertal/ag_velbert/j2021/13_C_7_20_Urteil_20210624.html). In dem entschiedenen Fall ging es um einen Schadenfall aus dem Jahr 2018. Streitig waren noch die erforderlichen Kosten für die Inanspruchnahme eines Mietwagens.

Das Gericht fasst zunächst den Stand der Rechtsprechung zur Erforderlichkeit des Ersatzes von Mietwagenkosten zusammen und stellt dabei auf das Wirtschaftlichkeitsgebot ab:

„Grundsätzlich darf der Geschädigte zum Ausgleich der unfallbedingt verlorenen Nutzungsmöglichkeit seines Wagens für die Dauer der notwendigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung einen Mietwagen in Anspruch nehmen. Der Umfang dieses Anspruches bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an dem Aufwand, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Dieser kann nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot dabei für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen (BGH, Urteil vom 14.02.2006 – VI ZR 126/05, juris Rdn. 5; Urteil vom 14.10.2008 – VI ZR 308/07, juris Rdn. 9; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, juris PK-Straßenverkehrsrecht, § 249 BGB Rdn. 187 ff. m.w.Nw.).“

Anschließend stellt das Gericht auf die objektive Marktlage im Unfallort Velbert ab. Entscheidend sei, zu welchen Bedingungen in Velbert ein Mietwagen zu erlangen war, wenn dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen worden wäre und sich der Betroffene über die örtlich zugänglichen Mietwagenangebote unterrichtet hätte.

„Nach obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich mittlerweile auch das Oberlandesgericht Düsseldorf angeschlossen hat und von der abzuweichen das Amtsgericht keine Veranlassung hat, ist der Schätzung das arithmetische Mittel zwischen dem Fraunhofer Marktpreisspiegel und dem Schwacke Mietpreisspiegel zugrunde zu legen.“

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Höhe des anzusetzenden Betrages war nach Ansicht des Gerichts nicht veranlasst, da die retrospektive (der Fall hatte sich 2018 ereignet) Sondierung eines Marktes (den es in dieser Form nicht mehr gibt), auch einem Sachverständigen nicht mehr möglich sei.

OLG Hamm: Anforderungen an eine richterliche Unterschrift unter einem schriftlichen Urteil

Einen sehr ungewöhnlichen Fall hatte das OLG Hamm zu entscheiden (Beschluss vom 11.05.2021, Az.: 4 RBs 124/21 = https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2021/4_RBs_124_21_Beschluss_20210511.html).

Wegen fehlender ordnungsgemäßer Unterschrift unter dem Urteil hob das Gericht das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das Amtsgericht zurück. Die vorliegende Unterschrift der Richterin habe nicht den Anforderungen entsprochen, die die Rechtsprechung an Unterschriften stelle.

Zitat:

„Der erkennende Richter hat das von ihm verfasste schriftliche Urteil zu unterschreiben (§ 275 Abs. 2 S. 1 StPO), was einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug erfordert, der sich nicht nur als Namenskürzel (Paraphe) darstellt, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufweist und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwert. Dazu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Schriftgebildes; ausreichend ist vielmehr, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann. Das setzt allerdings voraus, dass mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sind, weil es sonst am Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt. Diese Grenze individueller Charakteristik ist insbesondere bei der Verwendung bloßer geometrischer Formen oder einfacher (gerader oder nahezu gerader) Linien eindeutig überschritten, die in keinem erkennbaren Bezug zu den Buchstaben des Namens stehen (st. höchstrichterliche und obergerichtliche Rspr., vgl. nur: OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2016 – III-1 RVs 94/16 – juris m.w.N.).

Das vorliegende Urteil weist am Ende ein händisches Zeichen auf, welches etwa einer im 45 Grad-Winkel nach links unten zeigenden Pfeilspitze ähnelt. Wenn man überhaupt in dieses Zeichen Buchstaben hineininterpretieren wollte, so könnte es sich um ein gekipptes „V“ als Großbuchstabe, ein gekipptes „L“ als Großbuchstabe oder ein „C“ als Großbuchstabe handeln. „V“ und „C“ kommen überhaupt nicht im Namen der im Rubrum genannten Richterin vor, ein „L“ jedenfalls nicht am Namensanfang als Großbuchstabe. Jemand, der den Namen der erkennenden Richterin kennt, kann aus dem Zeichen weder den Namen noch einzelne zum Namen gehörende Buchstaben herauslesen.“

Der betroffenen Richterin kann als Trost mitgegeben werden, dass nach vollständiger Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mit elektronischer Aktenführung das o.g. Problem der Vergangenheit angehören wird. Urteile sind dann immer qualifiziert elektronisch zu signieren, so dass eine „Analyse“ von Paraphen wie durch das OLG Hamm im obigen Fall nicht mehr erfolgen muss.

Arbeitsgericht Köln: keine Kündigung wegen Corona-Quarantäne

Das Arbeitsgericht Köln entschied mit Urteil vom 15.04.2021, 8 Ca 7334/20 (= https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/arbg_koeln/j2021/8_Ca_7334_20_Urteil_20210415.html), über die Rechtswirksamkeit einer wegen einer behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne des Arbeitnehmers zum Zwecke des Infektionsschutzes aufgrund der Covid19-Pandemie erklärten Kündigung.

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer Kündigung außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes im Zusammenhang mit einer behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne zum Zwecke des Infektionsschutzes aufgrund der Covid19-Pandemie. Der Kläger wohnt im Stadtgebiet der Stadt … in einem Mehrfamilienhaus. In der zweiten Monatshälfte des Monats Oktober 2020 meldete sich das Gesundheitsamt der Stadt … telefonisch beim Kläger und ordnete gegenüber diesem telefonisch eine häusliche Quarantäne aufgrund der des Maßnahmenkataloges zur Eindämmung der Covid19-Pandemie an. Hintergrund war, dass der Bruder der Freundin des Klägers positiv auf das SARS-CoV-2-Virus („Corona-Virus“) getestet worden war und der Kläger dem Gesundheitsamt der Stadt L insofern als Kontaktperson mitgeteilt worden war.

Der Kläger teilte dem Beklagten die behördlich angeordnete Quarantäne mit und dass er aufgrund dieser vorerst nicht zur Arbeitsleistung erscheinen könne. Der Beklagte bezweifelte gegenüber dem Kläger die behördliche Quarantäne-Anordnung und verlangte hierüber einen schriftlichen Nachweis. Einen solchen schriftlichen Nachweis konnte der Kläger dem Beklagten zunächst nicht vorlegen, da er selbst eine solche noch nicht von der Stadt … erhalten hatte. Auch auf telefonische Nachfrage des Klägers beim Gesundheitsamt der Stadt … wurde dem Kläger eine solche schriftliche Quarantäne-Anordnung zwar in Aussicht gestellt, aber noch nicht erteilt.

Nachdem der Kläger der Folgezeit keine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes vorlegen konnte, fertigte der Kläger unter dem 26.10.2020 ein Kündigungsschreiben, mit dem die Kündigung des Arbeitsverhältnisses „fristgerecht zum 08.11.2020“ erklärt wurde.

Das Arbeitsgericht Köln hielt diese Kündigung jedoch für rechtsunwirksam.

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen einer behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne des Arbeitnehmers zum Zwecke des Infektionsschutzes aufgrund der Covid19-Pandemie ist auch außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes regelmäßig rechtsunwirksam.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund des verzögerten Eingangs einer schriftlichen behördlichen Bestätigung der Quarantäne diese bezweifelt und den Arbeitnehmer insofern der Drucksituation aussetzt, entweder gegen die behördliche Quarantäne zu verstoßen oder aber seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

Da vorliegend das KSchG aufgrund der nicht erreichten Wartezeit (der Kläger war noch nicht mehr als sechs Monate beschäftigt) nicht anwendbar war, begründete das Arbeitsgericht Köln dies wie folgt:

„Als Ausfluss der zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138 BGB (Sittenwidrigkeit) sowie § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben) hat ein Arbeitgeber auch bei Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes bei Ausspruch von Kündigungen ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme beachten. Willkürliche Kündigungen und Kündigungen, die auf sachfremden Motiven beruhen, verstoßen gegen das Anstandsgefühl der billig und gerecht Denkenden sind damit auch außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes in den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses bzw. im Kleinbetrieb unzulässig (zuletzt u. a. BAG, Urteil vom 05.12.2019, 2 AZR 107/19, juris, m. w. N.). Insofern wird der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz des Arbeitnehmers vor Kündigungen außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 27.01.1998, DB 2001, Seite 1677 – 1680) durch die zivilrechtlichen Generalklauseln, insbesondere der §§ 138, 242 BGB, garantiert. Hiervon ausgehend war die vorliegend streitige Kündigung als auf sachfremden Motiven beruhende willkürliche Kündigung rechtsunwirksam gemäß den §§ 138 BGB, 242 BGB.“

Update – OLG Frankfurt bestätigt: behördliche Einschränkungen durch Corona-Pandemie begründen keinen Mietmangel

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 19.03.2021, Az.: 2 U 143/20 (= https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210000633), die Rechtsprechung des Landgerichts Frankfurt bestätigt, wonach die in den Hessischen Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus im Frühjahr 2020 angeordneten Beschränkungen für Einzelhandelsgeschäfte weder einen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der gemieteten Gewerberäume begründen noch eine Unmöglichkeit der von dem Vermieter geschuldeten Leistung.

Durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie kann aber die Geschäftsgrundlage eines Mietvertrages schwerwiegend gestört sein, wenn die Vertragsparteien sie bei Abschluss des Vertrages nicht bedacht haben. Für die Frage, ob und in welcher Weise dieser Umstand zu einer Anpassung des Mietvertrages führt, sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Dabei geht das OLG jedoch davon aus, dass für die Frage der Anpassung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage und die Frage, ob ein Festhalten am bisherigen Vertrag für die Mieterin unzumutbar ist, nicht erforderlich ist, dass diese in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht ist. Das Gericht führt insoweit aus:

„Bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten als Mieterin erscheint es als für die mögliche Annahme einer Unzumutbarkeit des Festhaltens am bestehenden Vertrag nicht zwingend erforderlich, dass sie in ihrer wirtschaftlichen Existenz tatsächlich gefährdet ist (ebenso OLG München, Beschluss vom 17.2.2021 – 32 U 6358/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 12.2.2021 – 31 O 11516/20, zit. nach juris; LG München I, Urteil vom 25.1.2021 – 31 O 7743/20, NZM 2021, 194 ff.; Streyl, NZM 2020, 817 ff., 824; Römermann, NJW 2021, 265 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 23.10.2019 – XII ZR 125/18, NJW 2020, 331 ff.; BGH, Urteil vom 13.12.1995 – XII ZR 185/93, ZMR 1996, 309 ff., in welchem der BGH jedenfalls für eine vorzeitige Beendigung eines Mietvertrages „eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei“ als „extremen Ausnahmefall“ fordert; OLG Karlsruhe Urteil vom 24.2.2021 – 7 U 109/20, zit. nach juris; vgl. auch Hübner, ZfIR 2020, 729 ff., der eine Regelung des Gesetzgebers zur Risikoverteilung fordert; anders aber anscheinend Saxinger, ZMR 2020, 1002 ff., 1007).“

Das OLG Frankfurt hat die Revision zugelassen, so dass eine Entscheidung des BGH zur Klärung dieser Rechtsfragen wahrscheinlich ist.

AG Düsseldorf: Reisepreisminderung bei Corona-bedingten Einschränkungen

Das Amtsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 26.02.2021, Az. 37 C 414/20 (= https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/ag_duesseldorf/j2021/37_C_414_20_Urteil_20210226.html) , eine 20%ige Reisepreisminderung aufgrund Corona-bedingter Einschränkungen im Rahmen einer Reise nach Portugal im Juli 2020 für gerechtfertigt erachtet.

Für die Frage der Minderung komme es nicht darauf an, ob der Reiseveranstalter für die Einschränkungen des Hotelbetriebs verantwortlich sei oder nicht. Voraussetzung sei lediglich das Vorhandensein eines Mangels, selbst höhere Gewalt stehe der Minderung nicht entgegen (BGH NJW 1983, 33).

Eine Reisepreisminderung nach § 651 m BGB ergebe sich bereits aus pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen im Hotelbetrieb, weil ungezwungene soziale Interaktion mit anderen Reisenden Teil der Erholungsfunktion des Urlaubs ist. Die Höhe der Minderung sei dabei zu differenzieren danach, ob für den Reiseveranstalter aus der Buchung erkennbar ein Einzelurlaub oder ein Familienurlaub vorlag. Wegen der besonderen Bedeutung sozialer Interaktionsmöglichkeit für den Einzelreisenden ergeben sich für diesen allein aus Kontaktbeschränkungen erhebliche Minderungsquoten.

Ist ein Pool jeweils zur selben Zeit nur durch ein Kind gleichzeitig nutzbar, stelle dies eine erhebliche Beeinträchtigung kindlicher Urlaubsbedürfnisse dar, weil kindliche Grundbedürfnisse sozialer Interaktion verletzt werden. Dies rechtfertige eine Minderung von mindestens 10 % des Reisepreises.

Pandemiebedingte Beschränkungen stellen keine Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos dar. Sie bestehen in gewissem Umfang auch im Heimatland, wirken sich aber in einer Urlaubssituation deutlich gravierender aus als im Alltag, der anders als der Urlaub nicht grundsätzlich auf unbeschwerte Entspannung ausgerichtet ist.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger buchte für sich und seine Familie im Dezember 2019 bei der Beklagten eine Flugreise in das Viersternehotel Dunamar Monte Gordo in Portugal nach einer Umbuchung letztlich für den Zeitraum vom 15.07.2020 bis zum 29.07.2020. Der Reisepreis betrug 4712 €, den der Kläger vollständig vor Antritt der Reise bezahlte. Der Kläger reiste zusammen mit seiner Ehefrau sowie einer 9 Jahre alten und einer 5 Jahre alten Tochter. Laut der Beschreibung weist das Hotel einen Swimmingpool mit separatem Kinderpool, ein Hallenbad, einen Whirlpool, einen Fitnessraum und einen Spielplatz auf. Im Hinblick auf behördlich angeordnete Hygienemaßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie kam es zu Einschränkungen in der Nutzung von Hoteleinrichtungen. Der Spielplatz durfte nicht benutzt werden, das gleiche galt für den Fitnessraum. Ferner konnte das Essen nicht in Form eines Buffets serviert werden, sondern es durfte sich im Raum der 2-mal täglichen Essensausgabe jeweils nur eine Familie aufhalten. Hierdurch kam es zu Wartezeiten bei der Essensausgabe von durchschnittlich 45 Minuten. Ferner waren das Hallenbad und der Whirlpool geschlossen, der Außenpool war nur nach Reservierung jeweils für einen halben Tag benutzbar. Darüber hinaus war auch innerhalb der Benutzungszeiten der Pool nur für 15 Personen und im Kinderpool ein Kind nutzbar, im Anschluss wurde der Pool jeweils desinfiziert.

Nach Reiserückkehr forderte der Kläger die Beklagte mit E-Mail vom 03.08.2020 auf, wegen der pandemiebedingten Einschränkungen im Hotel ihm eine Reisepreisminderung i.H.v. 20 % des Reisepreises, also 942,40 €, bis zum 17.08.2020 zu zahlen.

LG Frankfurt a.M.: Zu den Folgen der Reform des Wohnungseigentumsrechts

Das LG Frankfurt a.M. hat mit Urteil vom 28.01.2021, Az.: 2-13 S 155/19 (= https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210000215), entschieden, dass zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen Wohnungseigentümer bezüglich der Überschreitung ihrer Gebrauchsrechte am Gemeinschaftseigentum nach der WEG-Reform durch das WEMoG nur die Gemeinschaft und nicht mehr der einzelne Wohnungseigentümer berechtigt ist. Dies gilt auch für bereits vor dem 1.12.2020 anhängige Verfahren.

Die Parteien sind Wohnungseigentümer. Sie streiten um die Nutzung eines im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Parkplatzes in der Garage der Wohnungseigentümergemeinschaft sowie das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus. Die Beklagte nutzte den streitgegenständlichen Parkplatz in der Vergangenheit, wobei der Umfang der Nutzung streitig blieb. Zudem stellte die Beklagte im Treppenhaus vor ihrer Wohnungstür eine Bank und einen Blumenständer ab. Das Amtsgericht hat, soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse, nach Beweiserhebung über die Intensität der Nutzung des Parkplatzes die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen den Parkplatz öfter als an 73 Tagen des Jahres zu nutzen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung führt das Amtsgericht aus, dass der Anteil der Beklagten am Gemeinschaftseigentum 1/5 betrage und sie daher den Parkplatz auch nur in diesem Umfang nutzen dürfe. Eine Beeinträchtigung des Treppenhauses durch das Abstellen der Gegenstände sah das Amtsgericht nicht als gegeben an. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese die Klageabweisung erstrebt. Der Kläger zu 2 – im Folgenden Kläger – will mit seiner Berufung erreichen, dass auch das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus untersagt wird. Zudem begehrt er weiter die Verurteilung dahingehend, dass der Beklagten untersagt wird, den Parkplatz „ununterbrochen“ zu nutzen.

Nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden WEG ist gem. § 9a Abs. 2 Alt. 1 WEG die Gemeinschaft – alleine – im Rahmen einer gesetzlichen Vergemeinschaftung für die Ansprüche aus § 1004 BGB auf Beseitigung von Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums zuständig (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1421; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 3 Rn. 126 ff.). Abwehrrechte aus dem Binnenrecht, die nach altem Recht gem. § 15 Abs. 3 WEG aF dem einzelnen Eigentümer zustanden, stehen nach neuem Recht nur noch dem Verband zu, denn gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG besteht eine Verpflichtung zur Einhaltung des Binnenrechts nur gegenüber dem Verband. Der einzelne Eigentümer ist, dies ist ausdrücklich Ziel der Novellierung insoweit (BT-Drs. 19/18791 S. 47), nicht mehr berechtigt, diese Ansprüche geltend zu machen.

Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche unterfallen dieser Änderung, denn der Kläger beruft sich für seine geltend gemachten Ansprüche auf Gebrauchsstörungen der Beklagten bezüglich des Gemeinschaftseigentums, die er nach altem Recht, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach § 1004 BGB; § 15 Abs. 3 WEG aF abwehren konnte.

Dies ist nun nicht mehr der Fall. Bezüglich der Ansprüche auf Einhaltung des Binnenrechtes (§ 15 Abs. 3 WEG aF) ist der Kläger nicht mehr Anspruchsinhaber (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Hinsichtlich des Anspruchs aus § 1004 BGB bleibt es zwar dabei, dass der Kläger als Miteigentümer Anspruchsinhaber ist, es fehlt aber an der Prozessführungsbefugnis, die § 9a Abs. 2 Alt 1 WEG der Gesetzgeber in Abweichung von § 1011 BGB nun nicht mehr dem einzelnen Eigentümer, sondern dem System des neuen WEG-Rechts folgend, dem Verband als dem Träger des Verwaltungsmonopols (Skauradszun ZRP 2020, 34 (35)) des gemeinschaftlichen Eigentums zugewiesen hat. Die Frage der Prozessführungsbefugnis ist aber eine von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung und muss zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen (vgl. nur Thoms/Putzo/Hüßtege ZPO § 51 Rn. 23 mwN).

Der Kläger kann den Anspruch in diesem Verfahren auch nicht für den Verband geltend machen. Angesichts der Annäherung an das Gesellschaftsrecht sind allerdings bereits Forderungen laut geworden, dass gesellschaftsrechtliche Institut der actio pro societate auf das WEG zu übertragen (instr. Lieder bei den 46. Fachgesprächen des EiD in Fischen; dazu demnächst Lieder/Pordzik ZWE 2021; Palandt/Wicke § 27 WEG Rn. 3). Derartigen Überlegungen hat der BGH bislang eine Absage erteilt (BGHZ 106, 222; 219, 60). Hieran ist jedenfalls in der vorliegenden Konstellation einer Gemeinschaft mit fünf Eigentümern festzuhalten.