Art. 1 unseres Grundgesetzes lautet:
„(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“
Was bedeutet dies? Das Menschenbild des Grundgesetzes geht davon aus, dass ein Einzelner/eine Einzelne niemals „Objekt“ irgendeiner staatlichen Gewalt werden darf. Dies folgt geschichtlich aus den leidvollen Erfahrungen der Jahre 1933 bis 1945 in Deutschland.
Genauer gesagt folgen daraus für uns selbstverständliche weitere Rechte wie z.B. die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 GG), der Gleichheitssatz (Art. 3 GG), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG), die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG). Das Bundesverfassungsgericht hat ferner aus den Grundrechten auch ein „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ hergeleitet, in der Folge dieser grundlegenden Entscheidung entstand das gesamte Datenschutzrecht.
Alles staatliche Handeln ist an diese Grundsätze gebunden. Flankiert wird dies durch Regelungen in Art. 19 und 103 GG, welche rechtliche Verfahrensgrundrechte beinhalten sowie durch den zentralen Art. 20 GG, wonach die Bundesrepublik Deutschland ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist (vgl. Abs. 1: „Demokratie“ und „Sozialstaatsprinzip“) und die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sind (Abs. 3), letzteres verankert das „Rechtsstaatsprinzip“.
Der Parlamentarische Rat hat am 08.05.1949 dieses o.g. Grundgesetz in einer ersten Fassung angenommen.
„Der Präsident des Parlamentarischen Rates Dr. h.c. Konrad Adenauer hat am 8. Mai 1949 den Beschluss über die Annahme des Grundgesetzes für die Bundesrepublik amtlich festgehalten.
Demnach hatte der Parlamentarische Rat, bestehend aus 65 Mitgliedern, am 8. Mai 1949 in dritter Lesung das Grundgesetz angenommen bei 53 Stimmen für die Annahme des Grundgesetzes und zwölf Stimmen gegen die Annahme des Grundgesetzes.
Von den zwölf Stimmen gegen das Grundgesetz kamen sechs Stimmen von Mitgliedern der CSU, die im Parlamentarischen Rat mit der CDU eine Fraktionsgemeinschaft bildete, sowie ferner die jeweils beiden Abgeordneten der Deutschen Zentrumspartei (Z oder DZP), der Deutschen Partei (DP) und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).“
(Quelle: https://www.bundestag.de/parlament/geschichte/75jahre/dokumente-archiv-inhalt-973828)
Der Parlamentarische Rat hatte im Grundgesetz auch das Bundesverfassungsgericht verankert, welches ein von mir sehr geschätzter, mittlerweile verstorbener Professor in Saarbrücken einmal „die Krone des Rechtsstaates“ genannt hatte und dies mit der rhetorischen Frage verknüpft hatte, „nennen Sie bitte ein weiteres Land auf dieser Erde, wo ein Einzelner mit der Behauptung, er sei in einem seiner Grundrechte verletzt worden, das höchste staatliche Gericht anrufen darf?“.
Die sog. „Väter und Mütter“ des Grundgesetzes sind auch heute noch zu beglückwünschen. Sie wollten nach der ursprünglichen Präambel des Grundgesetzes eine als „vorläufig“ gedachte Regelung schaffen, haben damit aber die Grundlage unseres Staates bereitet, die bis heute in den Kernregelungen unverändert besteht.
Die o.g. Grundrechte berechtigen jedermann in Deutschland ein selbstbestimmtes Leben im Rahmen der Gesetze führen zu können und zu dürfen, sie gewährleisten die Freiheit der Person, welche im Grunde beinhaltet, dass jeder/jede nach seiner/ihrer Facon glücklich (oder unglücklich) werden darf, dies allerdings immer nur soweit Rechte von Dritten nicht verletzt werden.
Sobald Menschen versuchen, ohne rechtliche Grundlage andere an der Ausübung der o.g. Freiheiten zu hindern, muss man von Tendenzen sprechen, die durch unser Grundgesetz nicht mehr gedeckt sind, dies sind dann Tendenzen, die an die Jahre 1933 bis 1945 in Deutschland erinnern. So ist es z.B. in Deutschland verboten, die Telekommunikation eines Anderen ohne einen gerichtlichen Beschluss abzuhören. Ein solcher Beschluss darf nach unseren Gesetzen nur bei dem Verdacht der Begehung von bestimmten Straftaten durch den Abgehörten ergehen. Die Abhörung oder Auswertung z.B. der Telekommunikation von Mitarbeitern, denen die private Nutzung der dienstlichen Telekommunikationsmittel gestattet wurde, fällt nach unseren Gesetzen auch unter dieses grundsätzliche Abhörverbot. Ebenso gelten bereichsspezifische Geheimnisse wie z.B. das Steuer- und Bankgeheimnis sowie der besondere Schutz von Gesundheitsdaten und anderen höchstpersönlichen Daten nach Art. 9 DSGVO.
Mittlerweile sind diese oben erwähnten Tendenzen nicht mehr nur in Deutschland, sondern überall in der Welt festzustellen. Man ist sogar versucht von einer Art „Mainstream“ zu sprechen, dieses Gedankengut scheint wieder salonfähig geworden zu sein. Die größte und älteste Demokratie der Welt mit ihren wunderbaren Menschen, mit einer Herkunft aus vielen Regionen und Staaten der Welt (Stichwort „Schmelztiegel“), befindet sich derzeit auf einem Weg, der die gesamte bisherige Weltordnung in Frage stellt.
Von der Welt zurück ins Saarland.
Fährt man auf der Autobahn ins Saarland, dann steht dort rechts am Rand der Autobahn der Slogan „Großes entsteht immer im Kleinen“. Ein toller Slogan für ein lebens- und liebenswertes kleines Bundesland.
Aber ist es nicht auch so, dass „großer Faschismus“ immer im „kleinen Faschismus“ entsteht und beginnt? Der „kleine Faschismus“ der sich zeigt, in der Art, wie ich mit Mitmenschen umgehe, wie ich Andersdenkende behandele, ob ich anderen Menschen mit dem Respekt begegne, den ich mir für mich selbst auch wünsche, wie ich mit Minderheiten umgehe, wie ich es mit den „Freiheiten“ halte, wenn ich selbst eventuell einmal negativ betroffen bin, etc…
Es gibt Hoffnung machende Gegenbeispiele. Viele Mitmenschen in Deutschland beginnen sich zu engagieren, nehmen z.B. an Demonstrationen teil, es gibt in der Welt demokratische Bewegungen z.B. in Syrien, in der Türkei, was Mut macht.
Seine Regierungserklärung 1969 hat Willy Brandt unter das Motto gestellt: „Wir wollen mehr Demokratie wagen“. Nie war dieses Motto richtiger und wichtiger als heute!